07. März 2025

Blau-Weiß-Sportchef Schößwendter: „Wir wollen ein Finale!“
Von wegen das zweite Jahr ist für einen Aufsteiger das schwerste: Blau-Weiß Linz gehört zu den ganz großen Überraschungen der Saison und ist zwei Runden vor Ende des Grunddurchgangs noch mittendrin im Kampf um die Meistergruppe. Im Interview mit bundesliga.at erklärt Sportchef Christoph Schößwendter, warum der Spruch ein Fall für die Mottenkiste ist und er vom Ziel Klassenerhalt noch lange nicht abrückt. Er sagt aber auch: „Wir wollen in der letzten Runde ein Fernduell mit dem LASK um die Top 6!“Jahrzehntelang galt der Spruch, dass für einen Aufsteiger das zweite Jahr in der Bundesliga das schwerste ist. Wie ist es euch gelungen, diese Weisheit ad absurdum zu führen?
(lacht) Das erste Jahr war schwer genug, da kann das zweite ja gar nicht schwerer werden… Nein, im Ernst: Wir hatten vor dieser Saison ganz andere Vorzeichen. Der Aufstieg hat sich ja erst in letzter Sekunde entschieden, es gab viele Fragezeichen. Ich wurde vom Spieler zum Sportdirektor, wir wussten nicht genau, mit welchem Budget wir kalkulieren können. Alles Dinge, die die Kaderplanung beeinflusst haben. Vor dieser Saison hatten wir viel mehr Zeit für Spielersuche, für Verhandlungen, für den Austausch mit allen Beteiligten. Wir wussten einfach viel genauer, wie wir agieren können.
Vor dieser Saison war der Umbruch groß, es kamen viele Neue, von denen eine beachtlich hohe Quote zum Stammpersonal gehört. Hat Sie das auch etwas überrascht?
Nein, nicht wirklich. Nach dem Aufstieg wollten wir den Stamm mit in die Bundesliga nehmen, auch wenn wir wussten, dass Spieler dabei waren, die auch in der 2. Liga nicht die tragenden Rollen hatten. Aber sie hatten sich das durch den Aufstieg verdient. Uns war aber bewusst, dass es an manchen Stellen an Qualität und Erfahrung für die Bundesliga gefehlt hat. Deswegen haben wir im letzten Sommer Spieler geholt, die beides abdecken. Moormann, Anderson, Goiginger sind Spieler, die uns eindeutig besser gemacht haben. Und auch die Leihen gingen perfekt auf, wie bei Vittek oder Diabate.
Hätte Ihnen im Sommer jemand prophezeit, dass Blau-Weiß zwei Runden vor Ende des Grunddurchgangs noch um die Top 6 spielt…
… hätte ich das nicht geglaubt. So weit sind wir als Blau-Weiß Linz noch nicht, dass wir mit der Phantasie in die Saison gehen, um die Meistergruppe zu spielen. Das wäre vermessen! Wir haben immer betont, auch jetzt im Winter: Wir wollen die Klasse halten, was in dem Format mit der Punkteteilung ja durchaus kompliziert ist. Aber natürlich sind wir auch so selbstbewusst zu sagen: Wer nach 18 Runden in den Top 6 steht, kann das auch nach 22 Runden schaffen. Mit dem Hauptthema, dass dann ja auch der Klassenerhalt geschafft wäre.
Nach zähem Start gelang gegen die WSG der erste Dreier. Aber nicht irgendwie, sondern mit einem Last-Minute-Treffer. Kann so ein Erlebnis für den entscheidenden Boost sorgen?
Wird sich zeigen. Wir haben nach dem Spiel philosophiert, dass es das erste Mal war, dass wir in der Bundesliga mit solch einem Lucky Punch gewonnen haben. Es wurde also mal Zeit. Auch wenn so etwas immer glücklich ist, von der Leistung her war der Erfolg verdient. Was die Stärke unseres gesamten Vereins ist: Wir können die Dinge realistisch einschätzen. Der Start ins Frühjahr war mit Spielen gegen LASK und Sturm schwer. Was nicht passieren darf, ist so eine Niederlage wie gegen Altach, da waren wir einfach schlecht. Das Spiel hat uns gezeigt: Wenn du nicht an dein Maximum kommst, kannst du in der Liga gegen jeden verlieren. Das gilt aber nicht nur für uns.
Die letzten Gegner heißen nun WAC und Hartberg, der LASK trifft auf die WSG und muss zu Sturm Graz. Wie stehen die Chancen auf den Coup?
Dass es nicht einfach wird, ist klar. Wir müssen in diesen Spielen nicht nur unsere Leistung, sondern auch Ergebnisse bringen. Der WAC ist seit sieben Liga-Spielen ungeschlagen und hat sechs davon gewonnen. Das sagt viel aus. Dazu kommt, dass wir auch von anderen abhängig sind. Deswegen mag ich gar nicht über Chancen reden. Unser Ziel ist, dass der LASK am letzten Spieltag beim amtierenden Meister gezwungen ist, Punkte zu holen. Das ist nicht so einfach. Wenn uns das gelingt, haben wir Chancen, wenn wir unsere eigenen Spiele erfolgreich gestalten.
Gegen den WAC ist ausgerechnet Torgarant Ronivaldo nach seiner fünften Gelben Karte gesperrt. Er steht bei zwölf Toren, die nach Opta-Berechnungen für satte zwölf Punkte gut waren. Wie bitter ist das?
Ganz bitter! Es würde jeder Mannschaft wehtun, wenn DER Top-Scorer fehlt. Andererseits: Jetzt schlägt die Stunde für die Spieler, die sonst hinten dran stehen. Die können sich jetzt zeigen. Alex Schmidt oder Kristijan Dobras kennen unser Spiel und können das liefern, was wir auf der Neuner-Position brauchen. Bei Ronivaldo darf man ja ohnehin nicht davon ausgehen, dass er dir 32 Runden lang über 90 Minuten zur Verfügung steht. Wir werden gegen den WAC sehen, wie weit wir ohne ihn sind.
Mitte Februar wurde die Vertragsverlängerung mit Trainer Gerald Scheiblehner bekanntgegeben. Einer der größten Erfolge dieser Saison?

Absolut! Intern weiß bei uns jeder, welch großen Anteil er und sein Trainerteam an unserer Saison haben. Er hat einen sehr guten Zugang zu den Spielern und besitzt die Fähigkeit, nicht nur die Mannschaft als Ganzes, sondern jeden einzelnen Spieler besser zu machen. Dass er selbst die Verlängerung wollte, werte ich als sehr gutes Zeichen. Weil er damit sagt: Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserer Entwicklung noch nicht am Ende sind.
Wie kompliziert ist es eigentlich vom Mindset her, wenn man Anfang März noch nicht weiß, ob man gegen den Abstieg oder um einen Europacup-Platz spielt?
Das kommt darauf an, wie man es vorher gestaltet hat. Wenn man immer reden würde: Meisterrunde, Meisterrunde, Meisterrunde, und dann packt man es doch nicht, wird es vom Kopf her schwer, den Turnaround zu schaffen. Wir sehen es aber anders. Für uns zählt zu erst der Klassenerhalt. Das gilt das ganze Jahr, wir sagen es immer wieder. Unser Mindset lautet: Darum geht es und um nix anderes!
Redakteur: Markus Geisler
Fotos: GEPA pictures