13. Dez. 2024
Christopher Wernitznig im Klub der Schnauzbart-Legenden
Wie der Kärntner Dauerbrenner bald zu Peter Pacult und Herbert Prohaska in den Legendenklub einzieht, warum er läuft und läuft und läuft und in welcher Rolle er die ungefochtene Nummer 1 der Bundesliga-Geschichte ist.Für einen Klagenfurt-Spieler ist das Nachtragsspiel gegen Red Bull Salzburg (Samstag, 17 Uhr) etwas ganz Spezielles. Christopher Wernitznig könnte zu seinem 400. Bundesliga-Einsatz kommen. Damit hätte er nicht nur einen gewissen Herbert Prohaska (399) und seinen Trainer Peter Pacult (397) an Einsätzen überflügelt, er würde auch zu ihnen in den Legendenklub einziehen. Denn hierfür braucht es entweder mindestens 100 Tore, 7 Meistertitel, einen Platz in der 50-Jahr-Auswahl oder eben 400 Spiele. Somit dürfte sich der 34-Jährige dann beim Frühjahrsstart im Februar (wieder gegen Salzburg) auf eine kleine Ehrung freuen: „Irre! So lange hat es sich gar nicht angefühlt. Das wäre eine große Anerkennung und Ehre für mich. Ich fühle mich aber jetzt nicht als Legende – da gibt’s schon andere Namen im Österreichischen Fußball, zu denen der Begriff besser passt.“
Der Jokerkönig
Einen Titel, der nicht nur positiv ist, wird Wernitznig in den nächsten Jahren aber keiner streitig machen. Denn: Mit 136 Einwechslungen ist er der unumstrittene Joker-König. Kein Bundesliga-Spieler wurde öfter ins Spiel gebracht. Damit liegt er klar vor den in dieser ewigen Bilanz dahinter platzierten Max Scharrer (129), Hermann Stadler (124), Wolfgang Mair (117) und Mario Hass (114) „Dass ich bei dieser Statistik so weit vorn bin, stört mich nicht. So kommt man auch zu seinen Spielen.“ Erstaunlich ist die Anzahl von bereits 400 Spielen auch deshalb, weil Wernitznig mit 21 Jahren eigentlich ein Spätstarter war. „Ich hab damals schon ein halbes Jahr gebraucht, um mich an das Training und das Tempo in der Bundesliga zu gewöhnen“. Dann aber raschelte es gleich bei seinem ersten längeren Einsatz für Wacker Innsbruck so richtig. Als Julius Perstaller gegen Kapfenberg verletzt ausfiel, kam der junge Wernitznig am 1. Oktober 2011 erstmals länger zum Einsatz und schlug mit zwei Toren und einem Assist voll ein.
Überall einsetzbar
Warum er seither für seine Vereine (Wacker Innsbruck, WAC und Austria Klagenfurt) wie ein Duracell-Hase Spiel für Spiel bestreitet, hat neben seinen 39 Toren und 43 Assists noch mehr Gründe. Er blieb on gröberen Verletzungen (bis auf einen Meniskuseinriss und zwei Bänderrissen im Knöchel) durchwegs verschont. Und: Er kann quasi auf jeder Feldspieler-Position eingesetzt werden. Nur als Innenverteidiger bestritt er kein Bundesliga-Spiel – doch selbst als solcher immerhin ein Testmatch. Die einzige Position, die er nicht so gern mag ist Stürmer: „Weil ich da mit dem Rücken zum Gegner bin, sonst taugt mir eigentlich alles.“
Emotionale Tore und eine Rote
Was waren die emotionalen Karrierehighlights? „Das Tor letztes Jahr zum Ausgleich gegen Rapid – mit dem wir die Meistergruppe fixiert haben, die zwei dritten Plätze mit dem WAC und als wir mit Wacker Innsbruck den Abstieg verhindert haben. Da wären wir ohne mein Last-Minute-Siegestor gegen Sturm schon weg gewesen und haben dann in der letzten Runde nach einem 0:2 in den letzten 15 Minuten noch mit drei Toren das Spiel gedreht.“ Nur einmal sah Wernitznig in seiner langen Karriere bisher Rot: „Die war aber klar, ich kann mich noch genau erinnern. Das war beim Duell Zweiter gegen Erster, WAC gegen Salzburg. Ich hab mir den Ball zu weit vorgelegt, war übermotiviert und bin dem Soriano voll reingestiegen. Gott sei Dank hatte er das Bein nicht am Boden.“ Am Ende gewannen die Kärntner trotzdem 1:0 – ein solches Ergebnis wäre am Samstag für die Klagenfurter schon eine große Überraschung.
Krasser Außenseiter im Nachtragsspiel
Denn zuletzt lief es mit 4 Niederlagen in Folge (Torverhältnis 1:14) so gar nicht: „Klar, das 0:7 gegen Sturm war schon zach, dass du so untergehst, darf nicht passieren. Mehr geärgert haben mich aber die Niederlagen gegen Tirol und Blau-Weiß Linz, weil das eher die Spiele sind, wo du dir was ausrechnest kannst“ Was sind für Wernitznig die Ursachen für das Tief der Kärntner Austria? „Wir strotzen gerade nicht vor Selbstvertrauen, es geht alles nicht so leicht von der Hand. Unsere Fehler werden eiskalt vom Gegner ausgenützt – teilweise läuft es sehr unglücklich. Ich hab der Mannschaft gesagt, ich kenne so Situationen, da kommst du nur mit Einsatz und Laufbereitschaft raus – dann kommen die Erfolge wieder von allein.“ Da käme ein überraschender Punkt gegen die Bullen gerade recht: „Das wäre ein kleiner Boost und das hätten wir uns auch verdient, weil wir viel investieren die letzten Wochen und nicht belohnt werden. Wir werden alles daran setzen, einen Punkt oder drei mitzunehmen. Salzburg ist jetzt auch nicht so stabil wie in den letzten Jahren – an einem guten Tag für uns und schlechten für sie, ist ein Dreier schon drinnen“ Für Wernitznig persönlich wäre es erst der vierte Sieg im 46. Duell gegen die Salzburger.
Noch kein Ende in Sicht
Ein Ablaufdatum in seiner Karriere ist vorerst nicht in Sicht: „So lange es mir Spaß macht, werde ich weiter spielen. Man weiß zwar nicht wie der Verein plant, ob sie nochmal ein Jahr mit mir verlängern wollen. Ich möchte aber auf jeden Fall noch eine weitere Saison bis 2026 mindestens spielen.“ Bis dahin sollte Christophers Ausbildung, er studiert Sport und Geographie auf Lehramt und macht die Trainer B-Lizenz, abgeschlossen sein. Auch da wird wohl sein Markenzeichen, der Schnauzer, ein treuer Begleiter bleiben: „Früher hatte ich ihn nur im Movember, aber meine Frau war damals positiv überrascht und hat gemeint, ich schau damit besser aus. Ich habs ein paar Mal ohne versucht, aber das hat mir nicht so gefallen, war total ungewohnt.“ Wohl so ungewohnt wie der Legendenklub-Status, den er bald mit zwei anderen berühmten ehemaligen Schnauzbartträgern teilt: Herbert Prohaska und Peter Pacult.
Seine Karrierehighlights im Video
Redakteur: Christoph König
Fotos: GEPA pictures