19. Feb. 2025

Dominik Fitz: „An den Titel denken, wäre jetzt das Dümmste“
Der Mann der Stunde über die Gründe für den aktuellen Lauf, warum ihn Druck nicht stresst und ein Wechsel, weg von seinem „zweiten Zuhause“ Austria, nur zustande kommt, wenn wirklich alles passt. Plus: Was er über die Stimmen sagt, die ihn ins Nationalteam fordern.Die Effizienz, mit der die Wiener Austria aktuell von Sieg zu Sieg eilt, hat einen Namen. Dominik Fitz. Der „Zauberer“, wie ihn Aleks Dragovic nennt, sorgt mit seinem begnadeten rechten Fuß derzeit am Verteilerkreis für einen magischen Moment nach dem anderen. 6 Tore und 9 Assists nach erst 18 Runden – der 25-Jährige spielt die beste Bundesliga-Saison seiner Karriere. Ob Zuckerpässe aus dem Nichts, brandgefährliche Flanken, eiskalt verwandelte Elfmeter – oder neuerdings direkte Freistoßtore. Der „Zehner“, der nur rein zufällig die Rückennummer 36 trägt (die Hausnummer seiner Eltern in Langenzersdorf), ist aktuell durch nichts zu bremsen und wird von so manchem Experten, wie zuletzt Andi Ogris, schon ins Nationalteam gefordert. Grund genug, ihn vor dem brisanten Kracher gegen Red Bull Salzburg (Samstag, 17 Uhr) zum großen bundesliga.at- Gespräch zu bitten.
5 Bundesligaspiele hintereinander mindestens einen Scorerpunkt – so einen Lauf hattest du in deiner Karriere noch nie. Wie fühlt es sich an, auf so einer Welle zu reiten?
Gut. Vor allem, weil wir seit Wochen als Mannschaft richtig gut unterwegs sind. Es fühlt sich von Woche zu Woche gefestigter an. Das ist der größte Grund, warum es bei mir persönlich auch so läuft. Ich habe bei der Austria ja auch schon ganz andere Situationen erlebt.
Du hast dich in den letzten Jahren vom schlampigen Genie zur sportlichen Dauergröße entwickelt. Was machst du jetzt besser?
Eigentlich nichts. Es ist einfach die Erfahrung, die einen besser macht. In der Bundesliga spielen, war für mich als Junger am Anfang natürlich was ganz Besonderes. Da musste ich einiges lernen – viele Kleinigkeiten. Von einem Drago beispielsweise kann man sich immer was abschauen. Generell von der Einstellung, auch wenn es einmal nicht so rennt.
Dein Ex-Trainer Peter Stöger hat gemeint, du brauchst im Team aber auch wen hinter dir, der Arbeit macht, die du weniger gern leistest? Ist das so? Denn andererseits wird dir ja mehr Laufarbeit denn je attestiert.
Jeder braucht seine Mitspieler. Sicher bin ich ein Offensivspieler – da brauchst du immer Rückendeckung. Wenn wir vorne anlaufen, müssen die hinter uns ja auch nachschieben, damit wir nicht ins Leere rennen. Beim Laufen war ich immer relativ gut dabei. Natürlich, wenn du Tore machst und gut spielst, sagen die Leute automatisch, der hat sich da und dort verbessert – obwohl ich und auch die Trainer wissen, dass ich immer Gas gegeben hab. Wenn wir viel gewinnen, ist leicht zu sagen, er macht vieles besser.
Stöger sagt, deine Coolness kommt daher, dass du ein „Lausbub“ bist. Würdest du das so bestätigen?
Ich bin ein Typ, der bei Druck ruhig bleiben kann, wenn ich zum Beispiel einen Elfmeter schieß und mir keinen Stress mach. Das ist von klein auf schon so. Weil ich hab als Kind zum Fußball spielen begonnen, weil es mir Spaß gemacht hat. Ich glaub, das ist das Wichtigste. Man sollte diesen kindlichen Spaß nie verlieren. Es ist ja positiv, dass ich Verantwortung übernehmen kann.
Du hast in der Bundesliga noch keinen einzigen verschossen. Nur ausgerechnet den letzten Elfer gegen Ilves im Europacup
Das war nach 120 Minuten, das ist schon etwas anderes, da bist du müde und vielleicht nicht mehr ganz so konzentriert. Ich hab mich nachher selber geärgert, weil ich ihn ins linke Eck geschossen hab, so wie die fünf Elfer davor. Weil ich weiß ja ganz genau, dass sich die Gegner vorher anschauen, wohin man die letzten geschossen hat. Aber jeder kann auch mal einen Elfer verschießen.
Gegen Rapid war es das erste direkte Freistoßtor der Austria seit 4 Jahren.
Ich hab vor dem Match noch unserem Standardtrainer Christoph Glatzer gesagt, dass ich diese Saison nur einen Freistoß direkt geschossen hatte bis jetzt.
War da auch Wut über das Foul an dir dabei? Hat der Fuß noch geschmerzt beim Schuss? Und muss dir jetzt immer wer auf den Fuß steigen, damit du so gut triffst?
Haha. Nein, das brauch ich nicht unbedingt. Danke. Der Fuß hat eh heute noch Spuren.
Warum ist die Austria aktuell so effizient? Was macht die Mannschaft besser?
Ich glaub, dass wir hinten heuer total gut sind – wir haben ja die wenigsten Gegentore bekommen. Das ist für uns vorne ein super Gefühl, wenn man weiß, man kann sich auf die Defensive verlassen und kriegt nicht gleich ein Gegentor, wenn man den Ball verliert. Wir haben von 15 Schüssen von Rapid 7 geblockt. Wir verteidigen brutal, da wirft sich jeder rein. Auch wir vorne. Wenn wir das weiter so machen, ist einiges möglich. Vorne haben wir eine tolle Qualität, die zwei Stürmer hakeln die ganze Zeit. Das machen sie top.
Das heißt, der derzeitige Erfolg ist eine Mannschafts-Mentalitätsgeschichte?
Zu 100 Prozent. Wir sind eine Mega-Einheit geworden. Wir haben nach Rückstand schon 14 Punkte geholt. Das ist ein Wahnsinn eigentlich, wenn du darüber nachdenkst. Wenn du als Mannschaft nie aufgibst und dir nicht denkst, scheiße, jetzt sind wir hinten, ist das schon viel Wert.
Wieviel Anteil hat Trainer Stephan Helm?
Generell hätte sicher keiner gedacht, dass wir nach 18 Partien so weit oben stehen. Zu einem großen Teil liegt das natürlich an der Arbeit des Trainers – auch an Kleinigkeiten und Rädchen, an denen er immer dreht und wie er dazu beigetragen hat, dass wir jetzt diese Einheit sind. Natürlich liegt es auch an den super Transfers im Sommer, ob Drago, Abu Barry, Nik Prelec oder Maurice Malone. Die haben sich alle super eingefügt und bei keinem ist das Ego größer als die Mannschaft.
Spielt die Austria um den Titel mit?
Wenn man die Tabelle anschaut ja, aber es sind noch sehr viele Partien zu spielen. Wenn wir uns jetzt Gedanken machen, was ist, wenn wir Meister werden, wäre es das Dümmste, was wir machen können. Wir müssen einfach weiter schauen, dass wir Woche für Woche mehr Punkte auf das Konto bringen.
Die Punkteteilung hat euch noch nie so weh getan, wie heuer. Soll man die abschaffen?
Im Großen und Ganzen ist das System für uns Spieler sicher nicht fair. Aktuell sind wir 9 Punkte vor Rapid und Salzburg, dann sind es nur noch vier. Aber wir nehmen es so, wie es ist. Wir müssen in den letzten 10 Runden in der Meistergruppe dann alles aus uns rausholen.
Haben dir beim Derby die Auswärtsfans gefehlt?
Es war schon komisch und nicht Derbylike. Unsere Fans waren überragend, aber es hat ein bisschen was gefehlt. Aber nach den Vorkommnissen beim letzten Derby ist klar, dass es Konsequenzen gibt.
Bei dir war im Winter ein Transfer möglich – was war ausschlaggebend, dass du geblieben bist?
Wenn was kommt, was mir zu 100 Prozent taugt und ich machen muss, werde ich es mir eh überlegen. Die Austria ist aber mein Herzensklub, ich bin absolut gern da, weil ich mein ganzes Leben schon bei der Austria bin. Es ist wie mein zweites Zuhause hier.
Wo warst du als die Austria 2013 das letzte Mal Meister wurde?
Ich hab natürlich alle Spiele geschaut, ob im Fernsehen oder im Stadion. Das war ein Wahnsinn damals, wie alle gefeiert haben am Platz. Man wünscht sich auf jeden Fall, auch irgendwann mal einen Titel mit der Austria zu gewinnen.
Viele fordern dich ins Nationalteam – wie siehst du das?
Sicher wäre es etwas schönes. Ich sehe das aber ganz locker, mach mir keinen Stress, ob das mal passiert, weil wir haben so viel Qualität im Team. Die spielen alle in der Deutschen Bundesliga und in Topligen, deshalb ist es auch verständlich, dass ich noch nicht berücksichtigt wurde.
Du hast in 12 Duellen gegen Salzburg erst einmal gewonnen. Der letzte Sieg ist eine Ewigkeit her. Warum ist das euer Angstgegner?
Salzburg hat halt die ganze Liga dominiert. Jetzt wissen wir, vor allem nach den Sturm-Spielen, dass wir jeden schlagen können. Wir müssen die Energie vom Derby mitnehmen und die Salzburger jetzt endlich auch einmal besiegen.
Wie cool ist, dass die Meisterschaft wieder spannend ist?
Das ist super. Aber es kann sich schnell ändern, wenn Sturm und Salzburg wieder in die Spur finden, dass sie wieder vorne weg sind. Das dürfen wir nicht zulassen, wir müssen Woche für Woche Gas geben und weiter punkten. Sonst sind wir schnell wieder nur mehr Vierter oder Fünfter.
Redakteur: Christoph König
Fotos: GEPA pictures