25. Juni 2024

Junuzovic: Bei diesem Tor hat alles gepasst!

Die Fans haben entschieden: Zlatko Junuzovic‘ Tor zum 5:1 gegen Mattersburg am 25. April 2010 ist das schönste der 50-jährigen Bundesliga-Geschichte. Ästhetik, Dynamik, feinste Technik – ein Treffer, der alles zu bieten hat, was den Fußball faszinierend macht. Im Interview mit bundesliga.at erinnert sich der heutige TV-Experte an sein Husarenstück und spricht über die EURO und seine Bundesliga-Karriere.

 

Eine Torauswahl hat immer auch etwas Subjektives. War der Treffer auch für dich persönlich der schönste deiner Karriere?

Ich würde sagen einer der schönsten, es gab ja Gott sei Dank auch noch ein paar andere. Aber es ist natürlich eine große Ehre, dass dieses Tor gewählt wurde. Es war mein erstes Jahr bei der Austria, in dieser Saison wurde ich auch zum „Fußballer des Jahres“ in Österreich gewählt. Mich freut es aber auch für die Mannschaft, das war ja eine richtig coole Truppe. Mit Jules (Anm.: Baumgartlinger), Flo (Klein) oder Michi (Liendl) habe ich dort Freunde fürs Leben gefunden.

Du warst neben Herbert Prohaska einer von nur zwei Spielern, die bei der Vorauswahl der 50 schönsten Treffer zweimal vertreten waren…

Das andere war mein Volleytor nach Szoboszlai-Ecke gegen Rapid, das wurde sogar für den Puskas-Award nominiert (Anm.: Wahl der FIFA zum schönsten Tor des Jahres), das war von der Technik her sogar noch anspruchsvoller. Beim Treffer gegen Mattersburg entsprach die Entstehung genau unserer Art des Fußballs, den wir damals gespielt haben. Ich spiele auf Baumgartlinger, der direkt weiter auf Jun, der chippt ihn drüber, ich mache den Laufweg… In der Gesamtheit ein richtig cool herausgespieltes Tor.

Mit einem genialen Abschluss, bei dem du dir den Ball mit dem Rücken zum Tor aufspielst und per Fallrückzieher versenkst.

In diesem Moment kann man nur intuitiv handeln, da spielt sich keine Planung mehr im Kopf ab. Ich hatte auch praktisch keine andere Wahl, wenn ich den Ball aufs Tor bringen will. Und es gehört auch ein Quäntchen Glück dazu, wenn es am Ende so aufgeht. Aber wenn du es nicht probierst, kann es auch nicht passieren.

Es war der Treffer zum 5:1. Hättest du die Aktion auch beim Stand von 1:1 gewagt?

Definitiv! Auch in jedem anderen Spiel, egal welche Minute oder welcher Gegner.

Hast du nach dem Spiel geahnt, dass der Treffer weit über diese Runde hinausstrahlen würde?

Ja, schon. Alle Tore, die in der Auswahl waren, hatten ja etwas ganz Besonderes, da waren ganz tolle Tore dabei. Und du merkst in solchen Momenten schon, dass da etwas Spezielles gelungen ist. Ich wusste zum Beispiel gar nicht, wie ich jubeln soll, hab vier verschiedene Jubel-Aktionen in einer gemacht. Aber das ist ja das Geile, das macht den Fußball aus. Das Adrenalin, das dir in dem Moment einschießt. Diese Gefühle vermisse ich seit meinem Karriereende am meisten. Darum beneide ich auch die Jungs, die jetzt hier bei der EURO spielen.

Das Tor fiel in deinem ersten von drei Austria-Jahren. War es das bis dahin wichtigste Jahr in deiner Karriere?

Schon, vor allem weil wir diese Spielweise hatten, die meinem Stil extrem entgegenkam. Dynamisch, mit Tempo, technisch anspruchsvoll, das war genau meine Welt. Ich hatte aber auch schon beim GAK und in Kärnten gute Phasen, wenn auch mit Höhen und Tiefen. Bei der Austria gelang mir dann der Durchbruch, so wurde auch Werder Bremen auf mich aufmerksam. Das war damals ja ein viel größerer Schritt als heute, wir hatten nur drei, vier Österreicher in der deutschen Bundesliga.

Du warst sechs Jahre in Bremen, bist dort zum Publikumsliebling geworden. Eine starke Karriere, die aber bis dahin ohne Titel blieb. War es dir wichtig, dass du das mit deinem Wechsel nach Salzburg ausmerzen konntest?

Klar war das auch ein Grund, warum ich zu Salzburg gewechselt bin, wir haben in den vier Jahren ja auch alles gewonnen. Der Schritt war aber insgesamt für mich wichtig. Ich habe jeden Moment genossen, jedes Training, jedes Spiel. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt viel erlebt, da kannst du die Dinge anders einschätzen. Und es war toll, junge Spieler wie Niki Seiwald zu erleben. Ich weiß noch, wie er am ersten Tag in unsere Kabine kam, eher ruhig und in sich gekehrt, aber damals schon ein richtig cooler Typ. Für meine Horizonterweiterung war das eine überragende Zeit.

2016 warst du als Spieler bei der EURO dabei, hast dich im ersten Spiel gegen Ungarn böse am Knöchel verletzt. Jetzt bis du als TV-Experte am Start. Wie fällt der Vergleich aus?

2016 war für mich brutal, da ist alles schiefgelaufen, was schieflaufen konnte. Jetzt bekomme ich alles in einer anderen Funktion zurück, sauge alles auf, genieße auch die Zeit mit den Jungs. Das gibt mir viel zurück, was ich vor acht Jahren nicht hatte.

Was traust du dem ÖFB-Team zu?

Die Jungs machen einen entspannten Eindruck, so wie es sein soll. In so einem Turnier musst du die Balance finden zwischen positiver Anspannung und dem Druck, liefern zu müssen. Dabei darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen, Fußball soll ja auch immer Freude sein. Wenn das alles passt und sich die Mannschaft weiter steigern kann, traue ich Österreich sehr viel zu.

 

Fotos: Gepa Pictures