24. Juli 2024

Marco Perchtold: Der Bumerang der Bundesliga

Marco Perchtold stand 2007 in der letzten Bundesliga-Mannschaft des GAK, 17 Jahre später kehrt er als Kapitän mit den Rotjacken zurück. Es ist bereits seine dritte Rückkehr in die ADMIRAL Bundesliga, die er eigentlich schon Richtung Australien verlassen wollte.

 

Marco, du kehrst nach sieben Jahren in die ADMIRAL Bundesliga zurück, nachdem du schon einmal nach sechsjähriger und einmal nach dreijähriger Pause zurückgekommen bist. Bist du der Bumerang der Bundesliga?

(Lacht) Bumerang trifft es, glaube ich, ganz gut. Da waren schon einige Auferstehungen dabei. Nach dem Abstieg mit dem GAK 2007 bin ich erst 2013 mit Grödig wieder für eine Saison in die Bundesliga gekommen, dann noch einmal 2017 beim SKN St. Pölten. Dass ich jetzt 17 Jahre nach der letzten GAK-Saison in der Bundesliga mit meinem Herzensklub den Sprung zurück in die höchste Spielklasse geschafft habe, ist eine unglaubliche Freude. Für den Verein, die Fans und natürlich auch für mich persönlich ist da eine riesen Geschichte. Und ich glaube, dass sich auch die Bundesliga auf den Verein freuen kann, weil er nicht nur Fanmassen, sondern auch eine gute Fankultur mitbringt.

Dass du am 20. Mai 2007 beim 2:3 gegen Ried auch in der letzten Bundesliga-Mannschaft des GAK gestanden bist, macht deine Rückkehr ja fast schon kitschig.

Ich war zum Glück selten bis nie verletzt, auch weil ich immer auf meinen Körper geschaut habe. Eigentlich war das, was ich 2017 gemacht habe, alles andere als förderlich für meine persönliche Karriere. Ich bin von der Bundesliga in die Landesliga gegangen. Aber Herz, Bauch und ehrlicherweise auch die familiäre Situation haben dafür gesprochen, dass ich gesagt haben, okay, gehen wir zurück in die Steiermark. Dass das dann so aufgeht, ist ein Märchen, ein Traum, den ich leben darf.

Gab es auch viel Klublegenden, die sich bei euch bedankt haben, dass ihr den Klub wieder dorthin gebracht habe, wo er hingehört?

Definitiv. Der GAK ist ein Verein mit vielen Sympathisanten, da sind schon einmal sehr viele WhatsApp-Nachrichten eingetrudelt. Und im VIP-Klub trifft man nach den Spielen garantiert immer Spieler aus der Meistermannschaft, die dich umarmen und dir gratulieren. Sie sind wie ich alle irgendwann einmal vom GAK-Spirit gepackt worden, und der lässt dich nicht mehr los.

Deine Sprünge von der Landes- oder Regionalliga zurück in die Bundesliga sind sehr ungewöhnlich. Wie schafft man da jedesmal die Anpassung?

Die Anpassung nach oben gelingt relativ schnell. Man versucht, durch gewisse Tugenden seine Werkzeuge wieder zu finden. Durch Spielverständnis, Fleiß, Einstellung, in Verbindung mit einem gewissen Niveau, gelingt die Adaption auf die höhere Liga ganz gut. Trotzdem ist es nicht ganz einfach, weil man sich auch nach unten anpasst. Und zwar deshalb, weil es unten einfach ein anderes Fußballspiel ist. Ich bin nach einer persönlich guten Bundesliga-Saison in St. Pölten in die Landesliga gewechselt und musste dort in den ersten Spielen feststellen, dass in Räumen, wo ich in zehn Jahren Profifußball immer jemand zum Anspielen gefunden habe, keiner mehr war. Deshalb habe ich mich in der Landesliga relativ schwer getan, in der Regionalliga ging’s dann schon wieder viel besser.

Hast du in der Landesliga in der Folge dein Spiel umgestellt oder dafür gesorgt, dass die Spieler die Räume besetzen, in denen du sie sehen wolltest?

Es war eine Mischung aus beidem. Mir war schon klar, dass ich von Amateurspielern nicht alles verlangen kann, aber es hat schon auch zu meiner Rolle als Führungsspieler gehört, dass ich das angesprochen habe und wir daran gearbeitet haben.

Euer Aufstieg kam ein Jahr nachdem ihr ihn in der letzen Minute noch in Dornbirn verspielt habt. Wie ist es euch gelungen, diese Enttäuschung wegzustecken?

Für mich war wichtig, das Dornbirn-Spiel noch einmal zu analysieren. Direkt nach der Niederlage bin ich mit meiner Familie nach Kroatien in den Urlaub gefahren. Nachdem wir uns dort eingerichtet und die Kinder versorgt hatten, bin ich am Meer gelegen und konnte kaum glauben, was passiert war. Bereits dort habe ich mir Teile des Spiels am Handy angesehen, um zu verstehen, wie es zu dieser Niederlage kommen konnte. Nach unserer Rückkehr habe ich mir die gesamten 90 Minuten noch einmal angeschaut. Erst dann konnte ich mit dem Spiel abschließen, da mir klar wurde, dass wir wie gewohnt gespielt hatten, aber das Glück nicht auf unserer Seite war. Wir haben Pfosten und Latte getroffen, Dornbirn hat zweimal auf der Linie gerettet, uns wurde ein möglicher Elfmeter verwehrt. Diese Erkenntnisse habe ich gebraucht, um dieses Erlebnis zu verarbeiten. Jeder Spieler hat es anders gemacht – danach haben wir noch einmal eines drauf gesetzt und den Aufstieg fixiert.

Wann hast du gewusst, dass es mit dem Aufstieg klappen wird?

Für mich war es das Spiel gegen den SKN sieben Runden vor Schluss. Da waren wir nach 40 Sekunden 0:1 hinten und haben noch souverän 3:1 gewonnen. Da habe ich gewusst, dass wir uns in den letzten zwei Jahren so eine Qualität aufgebaut haben, dass uns nichts mehr passieren kann. Wir haben zweimal hintereinander über 60 Punkte erreicht. Beim ersten Mal hat es nicht gereicht, beim zweiten Mal souverän.

Der Rückschritt in die Landesliga wäre ja ohne ein zweites berufliches Standbein wohl nicht möglich gewesen. Was hast du neben dem Fußball gemacht?

Zuerst habe ich einen 40-Stunden-Job bei Magna gehabt. Ich war im Einkauf für das Exterieur der Mercedes G-Klasse tätig. So ein Auto hat ja viele Außenbauteile, für einige davon war ich zuständig. Im Profibetrieb sind 40 Stunden natürlich nicht möglich, deshalb arbeite ich, wenn es die Zeit erlaubt, für einen Versicherungsmakler in Graz. Das taugt mir, weil ich so im Austausch mit anderen Leuten bin und nicht immer nur Fußball denke.

Guido Burgstaller hat vor kurzem bei Rapid seine Kapitänsschleife zurückgelegt, weil er in einem Alter ist, in dem er vielleicht nicht jedes Match spielt. Du bist auch 35, wie gehst du damit um?

Bei uns ist die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt und die Mannschaft steht im Vordergrund. Wir haben das schon im vergangenen Jahr gut gehandelt. Da war ich anfangs auch nicht immer vom Start weg am Platz. Aber wir haben einen großen Kader, sind überall gut besetzt und haben alle ein ähnliches Niveau. Es ist nicht so, dass ich mich freiwillig auf die Bank setze, ich werde schon Gas geben, aber ich kann mich als Kapitän auch einbringen, wenn ich nicht immer spielen sollte. Für gute Stimmung sorgen, schauen, dass alle mitziehen, da gibt es viele Bereiche.

Du hast 238 Spiele für den GAK bestritten, in der Rekordliste sind aber noch einige vor dir…

Die Rekordliste habe ich mir auch schon angeschaut, da gibt es schon einige in Reichweite, die ich noch einholen möchte. Aber es gibt auch viele außer Reichweite. Den Walter Koleznik werde ich nicht mehr einholen.

Aber es gibt auch eine Liste, die du bald anführen könntest. Eine Idee?

Die Liste der Gelben Karten?

Exakt. Mehr als 59 hat nur Ales Ceh gesammelt. Aber den willst du wahrscheinlich nicht überholen?

(Lacht) Doch, da möchte ich auch Erster werden!

Du hast unlängst im Podcast „Die beste Liga der Welt“ erklärt, was es mit deinen Rückennummern auf sich hat. In der Bundesliga hattest du immer die Nummer 26, darunter die 13. Warum bleibst du jetzt bei der 13?

Weil die 26 der Nichti (Anm.: Keeper Christoph Nicht) hat. Er ist auch gleich nach dem Podcast zu mir gekommen und hat sie mir angeboten, aber ich habe ihm gesagt, dass das für mich gar nicht zur Debatte steht. Auch weil ich weiß, dass die 26 auch für ihn eine große Bedeutung hat. Ich werde auch mit der 13 meinen Weg gehen.

Was du im Podcast auch verraten hast, dass dich dein Weg 2017 statt zum GAK fast zu Melbourne City geführt hätte.

Ja, ich bin ein großer Fan der A-League, weil mir das ganze Land sehr taugt. Wir haben auch familiäre Verbindungen hin. Aber wie man sieht, am Ende war es gut, dass es nicht geklappt hat.

Letzte Frage: Wir waren deine bisherigen Erfahrungen mit eurem Erstrundengegner Red Bull Salzburg?

Da war alles schon dabei. Schöne Siege wie im Cup mit Pasching auf dem Weg zu unserem Cup-Sieg 2013. Aber auch saftige Niederlagen. Etwa mit Grödig. Wir waren mit Adi Hütter Zweiter oder Dritter und haben auch vor Salzburg keine Angst gehabt, sind aber dann mit 0:6 furchtbar untergegangen. Jetzt heißt es wieder David gegen Goliath. Wir wissen, was wir tun müssen, wir wissen, dass wir einen guten Tag haben müssen und Salzburg vielleicht nicht den besten. Dann kann alles passieren. Aber Red Bull Salzburg ist nicht die Mannschaft, an der wir uns messen lassen müssen.

 

Fotos: GEPA pictures