15. Feb. 2024
Niklas Hedl: Reifeprfung abgelegt
Big-Point-Saves, firme Kick-Moves und eine organisch sprießende Persönlichkeitsstruktur drückten den Notenschnitt im imaginären Fußballer-Reifeprüfungszeugnis in jüngerer Vergangenheit weit nach unten. Niklas Hedl ist bereit für Großes.
Wie gut, dass Eisbaden gerade den letzten Schrei in der hippen „Das Leben ist geil“- Community mimt. Zugegeben, von physikalisch explizitem Eis kann keine Rede sein, aber eine bisserl Gänsehaut dürfte es Niklas Hedl schon aufgezogen haben, als er im Rahmen des Winter-Trainingslagers in Belek mit Rapid-Kumpels oben ohne ins Meer hüpfte. „Kalt war’s schon“, schmunzelt der grün-weiße Einser-Goalie: „Ich schätze, dass das Wasser 14 Grad gehabt habt.“ So nebenbei seien die Bedingungen im Trainingslager top, die Plätze gut, das Essen fein gewesen. Und der kleine Kälte-Schock als Gag und Abhärtungsmanöver sicher eine gelungene Aktion.
Ganz wo anders
Abhärtung kann Rapid gebrauchen, im Kampf um den Strich ist nix mit Plüsch und Kuschelei. „Wir haben im Herbst viele Spiele gut bestritten, im Endeffekt aber ist zu wenig rausgekommen, das müssen wir uns schon ankreiden“, sagt Hedl: „Wenn wir ab jetzt bis zum Schluss konsequenter im Spiel nach vorne sind und auch in der Defensive die eine oder andere Situation besser wegverteidigen, dann werden wir in der Tabelle ganz wo anders stehen als auf dem sechsten Platz.“
Hedl selbst, noch nicht einmal 23 Jahre alt, 1,88 Meter groß, kann dabei eine Schlüsselrolle zukommen. Nicht nur, weil er sich als „Einser“ in Hütteldorf etabliert hat – auch weil das moderne, zeitgemäße Torhüter-Spiel anspruchsvoller und komplexer ist denn je. „Als Tormann musst du heute groß sein, mit Stress umgehen können, fußballerisch sehr gut drauf sein“, skizziert er, der als echtes „Kind Rapids“ durchgeht – Hedl war bisher nur für einen einzigen Klub in seiner Karriere tätig. Weiter Ansprüche an Goalies im Jahr 2024? „Du musst im Kopf ruhig sein und bist vom Spielaufbau bis zum Abschluss praktisch immer ins Spiel eingebunden.“
Als persönlich größten Schritt, den er seit seinem Profi-Debüt 2022 gesetzt hat, sieht Hedl seine Persönlichkeitsentwicklung. „Ich glaube, dass ich sehr gereift bin und das auch in jedem Spiel sichtbar ist.“ Und zwar nicht nur für Neo-Rapid-Trainer Robert Klauß („Wir können ihn jetzt richtig kennenlernen, was im Herbst aufgrund der kurzen Zeit nicht so möglich war; er ist ein guter Typ, er redet viel mit uns Spielern, hat auch in Belek in der Freizeit viel mit uns gemacht, etwa Padel-Tennis gespielt“) und Langzeit-Goalie-Trainer Jürgen Macho („Ich arbeite schon seit vier Jahren mit ihm zusammen, es passt super mit ihm“), sondern auch für einen gewissen Ralf Rangnick. Der Teamchef hat Hedl am Zettel. Womöglich auch für die Europameisterschaft im Sommer. „Die EM wäre natürlich eine tolle Sache“, sagt er: „Ich werde alles versuchen und hoffe, dass ich dabei sein kann. Rangnick jedenfalls ist ein Trainer, der genau weiß, was er will. Er hat nicht umsonst schon viele Erfolge gefeiert.“
„Leiwandster Verein“
Das will auch Niklas Hedl in seiner – immer noch jungen – Karriere. Wann und wo? Lässt sich so genau nicht sagen. Sein Vertrag bei Rapid wurde im Vorjahr jedenfalls vorzeitig verlängert. „Natürlich ist von jedem Fußballer das Ausland das Ziel. Irgendwann möchte auch ich dort spielen, diesen Traum verfolge ich.“ Gegenwart, Realität und Fokus tragen aber den Namen Rapid – jenes Vereins, bei dem Druck und Stress schnell außergewöhnliche Levels knacken, „der aber mit den Fans auch der leiwandste Verein Österreichs ist“, sagt Hedl.
Und mit genau diesem hat der waschechte Wiener noch viel vor. „Kurzfristig müssen wir natürlich schauen, dass wir so schnell wie möglich den Top sechs sichern und dort dann zeigen, was in uns steckt“, umreißt er seine Pläne: „Mittelfristig muss es freilich schon unser Ziel sein, uns in der Tabelle oben anzusiedeln – dort, wo wir auch hingehören.“ Der viel zitierte Strich müsse künftig „relativ klar, deutlich und schon viel früher“ überquert werden. Notfalls auch mithilfe von Abhärtungsmaßnahmen im 14 Grad kalten Meer.
Fotos: GEPA pictures