26. Nov. 2024
Austria-Luftraumkönig Tin Plavotic: „Der Schmäh rennt richtig gut!“
Warum der Kopfball-Riese von der Backup-Rolle kein Kopfweh mehr bekommt. Wie er Austrias Lauf erklärt und früh durch ein englisches Stahlbad ging.Bei diesem Luftstand fühlte sich so mancher Kommentator an CR7 erinnert. Tatsächlich hat sich Tin Plavotic das wohl mehr bei einem anderen Ex-Real-Spieler, seinem Vorbild Sergio Ramos, abgeschaut. Der Luftstand des 1,97-Meter-Riesen bei seinem 1:0-Kopfball-Siegestor gegen Hartberg war schon außergewöhnlich. „Früher hab ich mir trotz meiner Größer schwerer getan. Inzwischen hab ich da einen Step nach vorne gemacht“ oder besser: nach oben! „Der Jubel vor der eigenen Fantribüne war eine geile Sache“. Noch schöner war nur, „dass wir die drei Punkte geholt haben.“
Austrias Zielspieler bei Standards
Als Kind hat der Kroate aus Wien noch davon geträumt, Pilot zu werden. Daraus wurde zwar nichts, dafür macht er jetzt den Luftraum in Österreichs Profifußball unsicher. Gleich 6 seiner 9 Tore in den zwei höchsten Spielklassen erzielte der baumlange Innenverteidiger mit Köpfchen. Alle sechs Treffer in der ADMIRAL Bundesliga nach Standards (fünf nach einem Eckball) „Bei Standards gehe ich immer mit vor, bin ein Zielspieler. Einen Tag vor dem Match trainieren wir diese Situationen.“ Das zahlt sich offenbar aus.
„Wir machen uns keinen Kopf!“
Nach sechs Ligasiegen en suite lachen die Veilchen vom starken dritten Tabellenplatz, nun bereits punktegleich mit dem zweitplatzierten grünen Erzrivalen. Woher dieser Lauf? „Wir machen uns keinen Kopf und wissen, was unsere Qualitäten sind. Wir halten zusammen, jeder läuft für den anderen. Das ist unser Rezept“, sagt Plavotic. Keinen Kopf machen, das ist überhaupt die Erfolgsmaxime des 27-Jährigen – rutschte er doch erst durch die Verletzung von Lucas Galvao in die Startelf – und spielte in der 14. Runde erst zum vierten Mal von Beginn an. „Klar, ist das nicht leicht. Aber so ist Fußball. Da musst du das wegstecken, nicht in ein Loch fallen, sondern einfach weiter machen, Gas geben, aufzeigen, deine Chance nutzen und Spaß haben.“ Nicht umsonst gilt der Mann mit dem seltenen Namen Tin mannschaftsintern als Frohnatur. „Früher war das nicht so, da hab ich mir wirklich viel zu Herzen genommen.“
Wenn Fußball zum K(r)ampf wird
Plavotic ging früh durch eine harte Schule. Nach der Admira und Schalke Jugend wollte er mit 19 beim englischen Zweitligisten Bristol Fuß fassen. Doch der verlieh ihn volley nach Cheltenham in die vierte Liga. „Ich hab mir gedacht, ich bleib dran, geb Gas und kämpfe mich rauf.“ Das gelang dort zwar nicht, immerhin sammelte Tin viel Erfahrung: „Die Stimmung war überragend, mit Fußball hatte es aber weniger zu tun, das war 90 Minuten Kampf mit dem Körper – eine andere Schule.“ Nie vergessen wird der Austria-Riese sein Duell mit dem über 100 Kilo Muskelbären Akinfewa (beim 3:3 gegen Wycombe Wanderers): „Der gewaltigste Spieler, gegen den ich je gespielt hab. Auf den sind wir gefühlt zu fünft drauf gesprungen.“ Über Zweitligist FAC und zwei Saisonen mit Ried als Stammspieler in der Bundesliga („Der Abstieg war sehr unglücklich, ein Tor von mir gegen Tirol wurde aberkannt und im vorletzten Spiel hab ich mich verletzt“), landete Tin schließlich in Favoriten, wo er nun auch die Ärmeln hochkrempeln muss, um sich seinen Platz zur erkämpfen.
Wenn der Schmäh rennt
Für viele Schmunzler sorgte zuletzt dieses Austria-Video auf Social Media, wo alle gefragt wurden, welchen Spieler sie ihre Tochter nicht daten lassen würden. Beliebteste Antwort: Plavotic! „Haha, ein guter Witz von der Mannschaft. Meine Freundin war zwar nicht sauer, hat aber schon gefragt, wie sie auf mich kommen.“ Gut, dass der in Simmering und dann in Schwadorf aufgewachsene Mann mit dem Schnauzer („Der ist ein kleiner Glücksbringer“) Dinge inzwischen lockerer nimmt als früher. Noch so ein Erfolgsgeheimnis aktuell bei der Austria: „Der Schmäh rennt richtig gut.“
Redakteur: Christoph König
Fotos: GEPA pictures