07. Feb. 2024

Das Hoch-Druck-Gebiet Bundesliga

Sonnenhöchststand wird über Salzburg vermeldet – allerdings unter stürmischem Angriffs-Gebläse aus dem Steirischen kommend. Indes wird die Luft um den Tabellenäquator zusehends dünner. Dazu raue Luft im Wiener Becken und höchste Rutschgefahr im äußersten Westen. Willkommen im frühlingshaften Hoch-Druck-Gebiet Bundesliga!

 

Diese Pressaussendung hätten sich die Bullen gern erspart. Aber kaum aus dem Wintertrainingslager in Marbella zurück, musste sie raus: Samson Baidoo, im Herbst gar zum ÖFB-Teamspieler geadelt, zog sich in einem Testspiel einen Syndesmosebandes zu – wochenlange Pause, Frühjahrsauftakt, adé! Dabei hätte Tabellenführer Red Bull Salzburg Baidoos Dienste gerade im ersten Spiel des Jahres gut gebrauchen können. Das hat’s nämlich in sich. Gleich zum Start ins Frühjahr kommt’s zum Gipfeltreffen. Salzburg, in der Tabelle zwei Punkte voran, empfängt Verfolger Sturm Graz. Ein Meisterkampf, der diesen Namen auch wirklich verdient? Vieles spricht dafür. Auch der Umstand, dass die Bullen in der Vorbereitung „den Finger in die Wunde“ legen wollten, wie es Cheftrainer Herbert Struber formuliert. Konkret ging es ihm und seinem Team darum, die im Herbst da und dort flöten gegangene Magie im Salzburger Spiel wiederzufinden. „Wir wollen jedenfalls wieder dominanter auftreten“, meint Struber.

Sturm-Warnung

Über eine zu kleine Hürde auf dem Weg zu mehr Attraktivität kann sich der Serienmeister zu Saisonbeginn nicht beschweren. Gleich zum Auftakt kommt Verfolger Sturm Graz – der seinerseits nach einem Top-Herbst zwar mit massig Selbstvertrauen, aber ebenfalls einer empfindlichen Verletztenmeldung im Gepäck anreist. Einser-Goalie Kjell Scherpen, für Sportchef Andreas Schicker „der beste in Österreich“, hatte sich zum Jahresende das gerissene Kreuzband operieren lassen. Zum Jammern bleibt eh keine Zeit. Immerhin weiß Trainer Christian Ilzer: „Wir haben K.-o.-Spiele - Cup, dazu Salzburg und Rapid im Sandwich der Conference-League-Spiele. Das ist ein sehr attraktives Auftaktprogramm, das uns sehr herausfordern wird.“

Auch hinter Salzburg und Sturm wird’s spektakulär. Der LASK – Rene Renner nach Knieoperation out, dafür Bayern-Sturm-Talent Lucas Copado mit an Bord – kann theoretisch noch in den Titelkampf eingreifen. Sensationell performte im Herbst der TSV Hartberg. Noch ein steirisches Team in oberen Tabellen-Sphären, dem auch im Frühjahr alles zuzutrauen ist. Seit Jahren zur Dauersensation – und damit schon wieder zur Normalität – mutiert Austria Klagenfurt. Wieder scheint’s der Pacult-Truppe über dem Strich zu gefallen. Ein Platz ebendort ist Minimalziel für Rapid. Grün-Weiß hat drei Punkte weniger als die Kärntner auf dem Konto. Gas geben ist angesagt im Hochdruckgebiet Bundesliga.

Siebenter – mit nur einem Punkt Rückstand auf die Hütteldorfer – ist der WAC. „Ich sehe die Chance als sehr, sehr gut, denn ich kann mich nicht erinnern, dass wir irgendwann die schlechtere Mannschaft waren", zeigt sich Trainer Manfred Schmid in Hinblick auf einen Platz in der Meistergruppe optimistisch. Gleich im ersten Ligamatch am 11. Februar kommt es zum direkten Duell. Nicht mehr dabei WAC-Toptorschütze Mohamed Bamba (22), der für die kolportierte Ablösesumme von 4 Millionen Euro (Rekordtransfer beim WAC) die „Wölfe“ Richtung Frankreich zum Ligue-1-Klub FC Lorient verließ.

„Wir müssen außergewöhnlich performen“

 Die Meistergruppe abgeschrieben hat auch die Wiener Austria noch nicht. „Ich rechne damit, dass wir 33 Punkte brauchen werden, um noch in die Top sechs zu kommen“, sagt Coach Michael Wimmer. Dafür müssten die Veilchen vier der fünf Spiele gewinnen, das entspräche einem Punkteschnitt von 2,4: „Wir haben in den letzten zehn Spielen 16 Punkte geholt und liegen damit in dieser Formtabelle auf Platz fünf. Wir haben gut performt und einen Punkteschnitt von 1,6 erreicht. Das würde in den letzten fünf Spielen aber bei weitem nicht reichen. Wir müssen außergewöhnlich performen, um die Meistergruppe noch zu erreichen“, erklärt Wimmer. Einer wird dabei vorerst nicht mehr helfen: Der 21-jährige Mittelfeldspieler Matthias Braunöder wechselt leihweise bis Sommer zum italienischen Serie-B-Klub Como.

Tadelloser Aufsteiger

Mit 17 Zählern (4 Siege, 5 Remis) und einem Polster von 14 Punkten auf den Abstiegsplatz spielte Aufsteiger Blau-Weiß Linz einen tadellosen Herbst. Die Oberösterreicher gewannen am 8. Spieltag sogar sensationell bei Red Bull Salzburg und beendeten damit gleich drei Serien des Serienmeisters - es war die erste Niederlage der Mozartstädter nach 37 ungeschlagenen Bundesligaspielen, ihre erste Heimniederlage nach 45 Bundesligaspielen und die erste Niederlage gegen einen Aufsteiger seit März 2015. Mit fast 5.000 Fans pro Heimspiel – das Donauparkstadion war sogar mehrfach ausverkauft – ist man bei den Zuschauerzahlen auf Rang 7.

Viele Experten überrascht hat auch Altach. Die Rheindörfler vermieden in der Vorsaison nur knapp den Abstieg, unter Joachim Standfest (seine erste Trainerstation im Oberhaus) wirkt der SCR mittlerweile deutlich sattelfester und sammelte in der Hinrunde 16 Punkte und damit nur einen weniger als nach dem gesamten Grunddurchgang 2022/23. Mit Standfest, seinem Co Roman Wallner und Sportdirektor Roland Kirchler verfügt man über jede Menge Erfahrung auf Bundesliga-Niveau.

Viel Frust dagegen bei der WSG Tirol. Mit einer Ausbeute von lediglich elf Punkten liegt die Elf von Trainer Thomas Silberberger nur auf dem vorletzten Platz. Mit dem Ziel Klassenerhalt ist bei der WSG jedenfalls klar definiert, wohin die Reise heuer gehen soll.

Das Erreichen dieses Ziels wird bei Austria Lustenau hingegen schon zur Herkules-Aufgabe. Mit nur 3 Punkten erlebte das noch sieglose Liga-Schlusslicht einen Horror-Herbst. Mit Neo-Trainer Andreas Heraf soll nun das Unmögliche noch möglich gemacht werden. Die Punkteteilung nach 22 Runden ist bestimmt kein Nachteil für die Vorarlberger.

 

Fotos: Gepa pictures