21. Mai 2024

Liendl vor WAC vs. Austria: Es gibt keinen Favoriten, aber

Wenn es am Dienstag zum ersten Europacup-Showdown zwischen dem RZ Pellets WAC und dem FK Austria Wien kommt (18.30 Uhr, live auf Sky), wird auch Michael Liendl gespannt vor dem Fernseher sitzen. Der 38-Jährige hat bei beiden Klubs eine großartige Vergangenheit und hat diese Konstellation vor drei Jahren als aktiver Spieler erlebt. Im Interview gibt der aktuelle Trainer der GAK-Amateure Einblick in seine Gedanken vor der ersten Play-off-Runde.

 

Vor drei Jahren gab es diese Begegnung bereits im Kampf um Europa, damals in der zweiten Runde mit Hin- und Rückspiel. Sie unterlagen mit dem WAC 0:3 und 1:2. Ihre Erinnerungen?

Die sind natürlich nicht optimal… Es waren zwei interessante Spiele, wobei wir in einer schwierigen Situation waren. Wir hatten in der Rückrunde einen Trainerwechsel (Anm.: Roman Stary übernahm für Ferdinand Feldhofer), uns ging längst nicht alles locker von der Hand. Deswegen sind wir auch verdient gegen die Austria ausgeschieden. Wenn es in zwei Spielen um die Wurst geht, setzt sich ohnehin fast immer die bessere Mannschaft durch.

Jetzt geht es in nur einem Spiel ums Weiterkommen, ein Do-or-Die-Spiel, wie im Cup.

Der Vergleich ist absolut berechtigt. Wobei die Brisanz sogar noch höher ist, es geht ja unmittelbar um die Teilnahme am Europacup. Da will jeder unbedingt dabei sein, es gibt für einen Spieler nichts Schöneres, darauf arbeitet man eine ganze Saison lang hin. Das ist eine spannende, aber auch nervenaufreibende Geschichte für alle Beteiligten.

Beide Klubs können eine unbefriedigend verlaufene Saison retten.

Wie turbulent die letzten Wochen waren, zeigt ja, dass sich beide Vereine entschieden haben, die Trainer zu wechseln. Die Austria sowieso, aber auch der WAC hat mittlerweile den Anspruch, in der Meistergruppe dabei zu sein, was beide nicht geschafft haben. Nun sind sie als Favoriten in die Qualifikationsgruppe gegangen und haben diesen Status mit den Plätzen eins und zwei auch untermauert.

Der WAC hat als Sieger der Qualifikationsgruppe Heimrecht. Ein großer Vorteil?

Mit Sicherheit, unabhängig von der sonstigen Konstellation. Man kennt alle Gegebenheiten, hat die eigenen Fans im Rücken, weiß genau, was an dem Tag auf einen zukommt. Diesen Vorteil hat sich der WAC erspielt, erkämpft und am Ende auch verdient. In dieser Hinsicht haben sie schon einen leichten Pluspunkt.

Gibt es darüber hinaus für Sie einen Favoriten?

Nein, den sehe ich nicht. Wobei: Das Momentum ist etwas mehr auf Seiten des WAC. Auch weil es dort vom Umfeld her etwas ruhiger zugeht und sie die Trainerfrage für die kommende Saison schon geklärt haben. Aus meiner Sicht hat die Austria auch etwas mehr Druck, weil es darum geht, mit einer Europacup-Teilnahme die finanziellen Troubles etwas zu lindern.

Haben Sie einen emotionalen Favoriten? Sie haben in Ihrer Karriere 107 Spiele für die Veilchen und 219 Spiele für den WAC absolviert.

Nein, gar nicht! Ich bin mit beiden Klubs noch stark verbunden, hatte da wie dort eine richtig gute Zeit, finde beide Vereine cool. Weil ich beide Klubs schätze, bin ich neutral.

Der WAC hat verkündet, zur neuen Saison Didi Kühbauer als Trainer zurückzuholen, unter dem Sie vor zehn Jahren gespielt und eine richtig gute Bilanz haben. Ihnen gelangen damals in 16 Spielen neun Tore und acht Assists. Warum passt er zum WAC?

Wir hatten damals eine sehr gute Zeit, ich habe mich mit ihm gut verstanden. Er ist sehr emotional, aber auch sehr ehrlich und geradeheraus. Ich komme immer damit klar, wenn jemand straight ist. Didi ist ein sehr guter Trainer, die passen grundsätzlich zu guten Vereinen (lacht). Von daher kann ich mir gut vorstellen, dass es auch diesmal wieder funktioniert. Mit seiner Emotion gepaart mit Fachwissen ist er eine starke Lösung.

Auf den Sieger des Duells wartet der Fünftplatzierte der Meisterrunde, TSV Hartberg. Wie sehen Sie in der Konstellation die Chancenverteilung?

Top-Favoriten gibt es da keinen, das werden zwei komplett neue Spiele, durch Hin- und Rückspiel ist es auch wieder etwas ganz anderes. Die Liga ist so eng beisammen, was bedeutet, dass manche Vereine die Meisterrunde verpassen, obwohl sie nicht um so viel schlechter als die Top 6 sind. Für mich wird es ein 50:50-Match, egal wer den Aufstieg schafft.

Sie selbst haben vor einem Jahr Ihre aktive Karriere beendet und sind seit Saisonbeginn Trainer der GAK-Amateure. Drei Runden vor Schluss belegt das Team in der Unterliga Mitte den zweiten Platz. Zufrieden?

Grundsätzlich ja, es war ja mein erstes Trainer-Jahr überhaupt. Wir haben die meisten Tore in der Liga geschossen, die wenigsten kassiert. Und zur Einordnung sei gesagt: Wir spielen fast mit einer U18, da haben wir vor allem am Anfang aufgrund unserer Unerfahrenheit ein paar Punkte liegengelassen. Das war etwas schade! Je nach Konstellation ist es sogar noch möglich, dass wir eine Aufstiegs-Relegation spielen. Das wäre natürlich eine tolle Sache!

Parallel arbeiten Sie an Ihrer Trainer-Lizenz.

In dieser Woche ist das letzte Modul für die A-Lizenz, im August absolviere ich die Prüfung. Für mich geht es darum, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Das vergangene Jahr war enorm wichtig für mich, um den Switch vom Profi zum Trainer zu schaffen. Früher oder später ist auch die UEFA-Pro-Lizenz (Anm.: höchste Trainerstufe) in meinem Kopf, aber bis dahin ist es noch etwas Zeit.

Abschließend: Was sagen Sie als GAKler zum Meister Sturm Graz?

Bei aller Rivalität muss man neidlos anerkennen, dass Sturm schon seit längerer Zeit gut arbeitet. Wenn man mit Salzburg den absoluten Ligakrösus hinter sich lässt, hat man schon sehr viel richtig gemacht. Deswegen haben sie sich diesen Titel absolut verdient.

 

Fotos: GEPA pictures