30. Aug. 2024
Manfred Fischer: Social Media ist sehr gefhrlich!
11 Fragen an Austria Kapitän Manfred Fischer. Warum junge Spieler keine Kommentare im Netz lesen sollten, wie sich seine Rolle am Platz verändert hat, was ihm weh tut, freut und die violetten Neuzugänge ins Spiel einbringen. Und wie er die Entwicklung von Lieblingsgegner Rapid sieht.
Er ist Austrias Mann der Stunde: Kapitän Manfred Fischer. Zuerst den LASK mit seinem späten Traumtor zum 2:1 versenkt, dann mit dem 3:2 Siegtreffer beim ASKÖ Oedt gerade noch die Veilchen vor einem bitteren Cup-Untergang bewahrt. Zwei Tore in nur 4 Tagen, nachdem er zuvor eineinhalb Jahre kein Bundesliga-Tor geschossen hat. Und jetzt geht es für die Austria auch noch zu Fischers Ex-Klub Altach (So., 17 Uhr). Grund genug, mit dem Steirer für bundesliga.at in unserer Serie „11 Fragen an“ ein paar brisante Themen zu besprechen.
1. Du hast nach deinem ersten Tor nach eineinhalb Jahren süffisant gemeint: Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Wie erleichtert bist du, dass es jetzt sogar zweimal geklappt hat?
An oberster Stelle ist bei mir immer die Mannschaft. Wenn ich dazu mit Toren was beitragen kann, freut es mich persönlich umso mehr. Es war aber natürlich eine lange Zeit ohne Tor und nachdem mir letzte Saison kein einziges gelungen ist, hab ich mir schon vorgenommen, torgefährlicher zu werden und öfter in die Box zu kommen.
2. Jetzt steht das Duell mit deinem Ex-Klub Altach an. Beide Klubs hatten die letzten Jahre viele Trainerwechsel und konnten ihr Potenzial oft nicht ausspielen. Siehst du da ein paar Parallelen?
Nein, sehe ich kaum. Die Austria ist einfach der viel größere Verein, wo viel mehr gefordert wird. Vielleicht bei der Professionalität um den Verein, da ist in Altach brutal viel passiert in den letzten Jahren. Als ich noch dort war, haben sie gerade den Campus gebaut. Jetzt stehen sie uns bei den Trainingsmöglichkeiten um nichts nach.
3. Hast du noch zu einem Altach-Spieler Kontakt?
Ja, der Christian Gebauer ist einer meiner engsten Freunde. Den höre ich fast jeden Tag. Das schätze ich sehr. Eine Freundschaft im Fußball so aufrecht zu erhalten, ist sehr schwer. Wir haben damals in Altach fast jeden Tag Zeit miteinander verbracht. Ich freue mich wirklich immer die Altacher zu sehen, auch einen Mahop oder Längle. Ich weiß wo ich herkomme und bin sehr froh und dankbar, dass ich mich dort für die Austria qualifizieren konnte.
4. Du hast als Kapitän schon viele Ups und Downs mit der Austria erlebt, zweimal das bittere Europacup-Aus, wo man schon die Trümpfe in der Hand hatte. Hat man sich da selbst geschlagen?
Wir hatten es zweimal in der Hand und haben nicht geschafft, das Ergebnis über die Zeit zu bringen und uns zu stabilisieren. Das müssen wir uns brutal ankreiden, das tut weh. Wir waren zu ungenau und nicht konsequent genug, da fehlte die Mentalität, es drüber zu bringen, egal, was passiert. Man muss aber schon sagen, weil viele gemeint haben: Wie kann man gegen eine finnische Mannschaft ausscheiden? Bundesliga-Niveau hatte sie schon.
5. In den Social Media Kanälen haben immer wieder einige kommentiert „Fischer ist zu schwach“ usw. Bekommst du sowas mit?
Genau wegen diesen Sachen ist Social Media so gefährlich. Ich lese generell keine Kommentare, weil sonst hätte ich es nie dorthin geschafft, wo ich jetzt bin. Die Menschen, die da kommentieren, wissen nie, wie es einem wirklich in der Situation gerade geht. Das können sie nicht beurteilen. Natürlich sehen sie, was am Platz passiert und um sich darüber auszutauschen, ist es für sie eine coole Plattform. Für das ist es voll okay. Aber für uns Sportler und gerade die sensiblen ist Social Media sehr sehr gefährlich. Deshalb sage ich gerade den jungen Spielern, lest euch das nicht durch. Weil manche nehmen sich das zu Herzen und das hinterlässt Spuren. Es ist auch nicht gut, nach einem guten Spiel reinzuschauen, da ist auf einmal alles wieder super. Das zu lesen, ist nur eine Egobefriedigung, die braucht man nicht. Besser man konzentriert sich darauf, sich im Training zu verbessern. Es ist ja lustig: Eine Woche wird geschrieben, welche Spieler man besser verschenken sollte, eine Woche später sind sie wieder die Besten auf der Welt. Ich benutze Social Media für meinen Kanal, aber nicht, um mir was durchzulesen. Wenn jemand ein Problem mit mir hat, kann er immer gern mit mir persönlich darüber reden. Ich bin sehr selbstkritisch und der Erste, der sagt: Fuck, das muss ich verbessern. Natürlich weiß ich, dass das letzte halbe Jahr nicht so gelaufen ist, wie ich wollte. Das muss mir keiner sagen, das weiß ich selber auch.
6. Du hast die letzten Jahre die meisten Spiele von allen Austrianern bestritten, 128 Partien, meistens über 90 Minuten. Was ist dein Fitness-Geheimnis?
Ich schau auch drumherum, dass ich meinen Job mache, damit ich mir nix vorwerfen kann. Das Risiko für Muskelverletzungen kannst du durch eine gute Regeneration, Schlaf und Ernährung verringern. Wir haben bei der Austria auch eine Kultur entwickelt, dass wir uns 30 und 40 Minuten vor dem Training schon alle gemeinsam vorbereiten, mit einer guten Nachbereitung nach dem Training – wo jeder noch zusätzlich das tut, was er braucht. Ich bin stolz, dass wir das so reingebracht haben.
7. Du hast dir ja inzwischen einen Ruf als Mittelfeld-Rackerer erarbeitet. Wie sehr hat sich deine Rolle im Vergleich zu früher verändert?
Ich war eigentlich immer ein viel offensiverer Spieler. Bei meiner ersten Profistation in Wiener Neustadt war ich noch Zehner. Unter Christian Ilzer in Hartberg war ich dann ein Box-to-Box-Spieler. In Altach war ich dann wieder offensiver. Zu einem reinen Mittelfeldspieler hab ich mich dann erst bei der Austria entwickelt, wo ich auch körperlich an Muskelmasse noch zugelegt habe. Jetzt hab ich meine Position in der Doppel-Sechs.
8. Ihr habt neuerdings auch Viererkette gespielt. Wie siehst du das System im neuen Gewand?
Die Viererkette haben wir in der Vorbereitung trainiert. Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen – es gibt noch genug zu verbessern. Aber egal, ob Dreier- oder Viererkette, es geht darum, wie wir unsere Spielidee umsetzen. Wir sind defensiv ein bisschen stabiler geworden, fangen jetzt zwei, drei Meter weiter hinten erst zum Attackieren an. Das tut uns gut und ist für uns alle etwas einfacher.
9. Zuletzt hattet ihr im Vergleich zur Vorsaison sechs Neuzugänge in der Startelf. Was bringen die neuen Typen ins Spiel der Austria ein?
Die neuen Offensivkräfte bringen viel Geschwindigkeit mit. Da haben wir mit Malone und Prelec zwei Waffen dazubekommen. Abu Barry ist ein offensiv und defensiv sehr vielseitiger Spieler, auch torgefährlich, wie seine 9 Tore in der zweiten israelischen Liga zeigen. Matteo Vinlöf ist vom Spielertyp ähnlich wie vorher der Frans Krätzig. Quirrlig, schnell, hat coole Ideen, ist aber auch defensiv sehr stabil. Und über Aleks Dragovic brauchen wir eh nicht viel reden. Er bringt eine brutale Stabilität mit und ist mit seiner Erfahrung auch in der Kabine total wertvoll. Wir sind alle sehr dankbar, dass er da ist.
10. Man hatte zuletzt bei Rapid den Eindruck, sie könnten euch vielleicht in nächster Zeit enteilen. Wie siehst du die Entwicklung bei eurem „Lieblingsgegner“?
Rapid hat wirklich gute Transfers gemacht, genauso wie wir. International hat das recht gut ausgeschaut bei ihnen, das muss man echt anerkennen. Ich glaube, sie haben eine stabile gute Bundesligamannschaft. Die Derbys werden wieder richtig cool. Ich will aber nur auf uns schauen, dass wir unseren Job gut erledigen. Es ist noch nicht viel gespielt, aber unser Start ist schon einmal besser als in den vergangenen Jahren.
11. Wie positiv siehst du bei der Austria die Entwicklung beim Faninteresse?
Die Entwicklung ist echt brutal. Ich bin ja 2021 während eines Umbruchs gekommen. Da hatten wir Spiele vor 5000 Leuten, die Osttribüne war halbleer. Heuer haben schon alleine 8000 ein Abo, die Ostribüne ist immer ausverkauft. Auch wenn es nicht so gut gelaufen ist, sind die Fans immer hinter uns gestanden. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Das rechne ich ihnen echt hoch an.
Fotos: GEPA pictures