04. März 2025

Marlon Mustapha: „Dann wäre das Bein weg gewesen“

Nach Lösung der Wehrdienst-Causa ist Altachs neuer Goalgetter auch von einem Happy End im Abstiegskampf überzeugt. In seiner noch jungen, aber turbulenten Karriere hat er freilich schon andere Hürden genommen. Warum der 23-Jährige wegen einer Horrorverletzung fast ein Bein verloren hätte, wie beinhart der Kampf zurück war und er sich nach vielen Wechseln nach Kontinuität sehnt.

Du hast in Altach nur 10 Minuten für dein erstes Tor gebraucht.

Witzig, in Düsseldorf ist mir das auch gelungen. Das ist natürlich total wichtig als Stürmer, weil da wirst du nur an Toren gemessen. Da musst du dich erst mal beweisen. Leider haben wir das Spiel verloren, aber ich bin guter Dinge. Die Mannschaft, die Betreuer, ich habe selten wo erlebt, dass alle so offen und freundlich sind wie in Altach. Das muss etwas Gutes werden.

Bist du zuversichtlich für den Klassenerhalt?

Auf jeden Fall. Wenn es jemand schafft, dann Altach. Es ist zu viel Qualität da, als dass man da nicht dran glaubt. Die letzten Spiele haben wir bis auf Rapid, das war ein Schuss in den Ofen, jedes Spiel dominiert. Ob GAK, Blau-Weiß Linz, Hartberg – auch wenn wir leider nicht alle Punkte mitgenommen haben. Auf das wird es jetzt halt ankommen. Mit der Punkteteilung geht es richtig los.

Was war für dich das Highlight in Deutschland, bei deiner Zeit bei Mainz, Fortuna Düsseldorf oder Greuther Fürth?

Ich bin nach einer starken Saison bei der Admira zurückgekommen nach Mainz. Hab dann die Vorbereitung voll mitgemacht und die Bundesliga-Spiele waren richtig geil. Ich war immer  Einwechselspieler – also voll am Sprung. Genau gegen Hertha als ich zum ersten Mal fast eine ganze Halbzeit spielen konnte, kam dann eine schwere Verletzung, zum unglücklichsten Zeitpunkt damals.

Du wurdest komplett aus der Bahn geworfen – mehr sogar als das.

Ja, durch einen Schlag auf den Oberschenkel ist der Muskel abgerissen, ich hab trotzdem weitergespielt und hatte dann ein Kompartmentsyndrom. Sowas haben die Leute normalerweise bei Autounfällen. Man hatte das damals nicht gleich am Schirm. Das Bein ist so angeschwollen, dass es 10 Zentimeter größer war als das andere und es konnte kein Blut mehr fließen. Ich hatte so schwere Kreislaufprobleme, dass ich nach jedem Mal aufstehen fast auf die Tischkante geknallt bin, so schwindlig war mir. Hätten wir ein paar Tage mehr mit der OP zugewartet, wäre das Bein weg gewesen, dann hätte man amputieren müssen und ich hätte ein Bein verloren. Es waren dann vier Eingriffe nötig, ich hab 10 Kilo verloren, hatte vier Wochen Krankenhausaufenthalt, 3 große Narben habe ich heute noch. Ich war im Rollstuhl unterwegs, musste wieder Treppensteigen lernen. Alles von Null, das war schon richtig hart. Mit einem privaten Physio hab ich jeden Tag von der Früh weg gearbeitet. Im Nachhinein hat er mir gesagt, es war damals nur eine 50/50 Chance, dass ich wieder normal gehen und Fußball spielen kann. Fußball ist wichtig, aber es gibt Sachen, die sind wichtiger.   

Wie lang hat es dann gedauert bis du wieder fit warst?

Ein halbes Jahr, normal dauert das sechs Monate länger. Ich hab aber dreimal am Tag ab 7 Uhr trainiert und sogar teilweise im Reha Komplex geschlafen. Der Physio hat mir die Verkalkungen aufgebrochen, das waren Schmerzen, da war ich jedes Mal fast vor dem Blackout. Es war dann natürlich sehr schwer, sich wieder in Mainz in die Mannschaft zu kämpfen. Mein Highlight war dann, dass ich am letzten Spieltag gegen Dortmund, sogar noch ins Spiel gekommen bin, wo Dortmund mit einem Sieg gegen uns Meister hätte werden können, sie aber nur 2:2 gespielt haben.

Du bist dann nach Como gewechselt.

Da bin ich schon stolz drauf. So jung ins Ausland gehen, trauen sich nicht viele. Neue Sprache, neues Umfeld – da hat es nur leider nicht ganz so klick gemacht. Düsseldorf war überragend, auch wenn es sportlich besser hätte laufen können.  

Du hattest in den wenigen Jahren bis jetzt schon ein Dutzend Trainer und sechs Vereine mit den ganzen Leihen, bist jetzt von Como an Altach verliehen. Sehnt man sich da nicht nach Kontinuität?

Ja. Ich bin eigentlich gar kein Freund von den vielen Wechseln. Mittlerweile nervt es mich auch schon ein bisschen, muss ich sagen. Aber der Fußball ist halt leider unberechenbar. In einem Moment ist alles super, im nächsten alles schlecht. Die andere Seite ist aber, mich hat von Como keiner weggeschickt. Ich hab von mir aus gesagt, ich will mehr Einsatzzeit und mir nicht am Comer See ein schönes Leben machen. Ich bin nur glücklich, wenn ich Fußball spiele – da ist mir egal, wenn ich dafür wechseln muss.

Wie taugt dir Altach?

Es ist sehr schön und was absolut Neues, weil meine Freundin und ich waren bis jetzt nur in Großstädten. Wir haben auch einen Hund, für den ist es auch super geil. Die ganze Landschaft, die Berge, der Bodensee, die Schweiz ist nicht weit und Como ist auch nicht so weit weg.

Wie froh bist du, dass das Drama mit deinem nicht angetretenen Wehrdienst jetzt endlich geklärt ist?

Sehr, es war ja auch nicht angenehm, wie das alles dargestellt wurde. Dabei habe ich schon sehr früh probiert, jemanden zu kontaktieren wegen der ganzen Sache, um eine Lösung zu finden und Aufschub zu erwirken. Aber das hat alles nicht geklappt. Auch über einen Anwalt nicht. Dann war die Entscheidung, pfeif ich auf den Fußball und riskiere alles aufzugeben, für was ich bis jetzt investiert hab? Der Vertrag in Italien wäre weg gewesen, ein halbes Jahr hätte ich kein Geld verdient und Rechnungen waren zu zahlen. Welcher Verein nimmt dich, wenn du ein halbes Jahr nicht einmal trainierst? Natürlich hat es mich später eingeholt, ich konnte ja zwei Jahre nicht zu meiner Familie nach Österreich. Ich bin daher sehr froh, dass es jetzt geklärt ist. Ich kann jetzt im Winter einrücken. Wir sind nach Wien in die Kaserne gefahren und haben eine Lösung gefunden. Es ist schön, jetzt wieder daheim zu sein. Österreich ist halt doch Österreich.  

Redakteur: Christoph König

Fotos: GEPA pictures