15. März 2024
Matthias Maak: Wir sind komplett am Leben!
Austria Lustenau Kapitän Matthias Maak wittert nach einem „zermürbenden Herbst“ die Chance auf ein Comeback, das in der Bundesliga-Geschichte historisch wäre. Wie befreiend die ersten Siege waren und warum er an den Klassenerhalt glaubt.
Es wäre ein Comeback, das es in 50 Jahren Bundesliga noch nie gegeben hat. Noch nie hat ein Team, das nach 17 Runden nur drei oder weniger Punkte hatte, den Klassenerhalt geschafft. Vor Lustenau gab es auch nur drei Mannschaften (SC Neusiedl, SAK und Vorwärts Steyr), die im Herbst keinen einzigen Sieg holten – alle konnten den Abstieg nicht verhindern. Zwar hilft Lustenau jetzt die Punkteteilung, doch selbst nach deren Einführung brauchte es im Herbst immer mindestens 11 Punkte (Hartberg 2022/23 und Admira 2018/19), um die rote Laterne bis zum Ende noch abzugeben. Mit einem Schlusssprint im Grunddurchgang und 7 Punkten aus den letzten fünf Runden hat sich Lustenau aber rechtzeitig vor der Punkteteilung noch herangetastet. Vor dem Duell zum Qualigruppen-Start beim Vierten Blau-Weiß Linz (Samstag, 17 Uhr) fehlen jetzt nur noch zwei Zähler auf den vorletzten WSG Tirol.
Ein wichtiger Faktor bei der Stabilisierung der Abwehr war die Rückkehr von Abwehrchef und Kapitän Matthias Maak nach fünfmonatiger Verletzungspause. Wie hart es im Herbst war, zuschauen zu müssen, wie befreiend der erste Heimsieg wirkte und wie Trainer Andy Heraf seiner Elf den Glauben an den Klassenerhalt einimpft, verriet er uns in unserer Serie „11 Fragen an“.
1. Noch nie in 50 Jahren Bundesliga hat eine Mannschaft nach so einem Herbst noch den Klassenerhalt geschafft. Wäre es ein kleines Wunder, wenn euch das noch gelingt?
Ein Wunder würde ich nicht sagen. Die Punkteteilung kommt uns heuer extrem entgegen. Wir sind komplett am Leben. Anfang des Jahres hat uns sowieso schon jeder abgeschrieben. Jetzt gewinnst zwei Spiele und spielst auswärts bei Rapid mit und bist wieder voll da. Ich bin voll überzeugt, dass wir das schaffen.
2. Wie hart war es im Herbst verletzt zuschauen zu müssen?
Ich muss ehrlich sagen: Es war zermürbend. Du willst mit den Jungs am Platz stehen, bist aber einfach hilflos in der Situation. Am Platz wäre es sicher leichter gewesen. Es hat jeder gelitten im Verein. Trainer, Spieler, im Büro – es war zum Verzweifeln. Aber es hat sich keiner aufgegeben. Wir haben gewusst, wir müssen bis zur Punkteteilung noch punkten, damit wir voll im Rennen sind. Das haben wir gemacht.
3. Habt ihr jetzt weniger Druck als die anderen, weil euch eh schon alle abgeschrieben haben?
Würde ich nicht unbedingt sagen. Wir haben zwar nicht die Ansprüche von Salzburg oder Sturm, aber natürlich willst du als Sportler das Bestmögliche rausholen. Jeder weiß, wenn das mit Lustenau in die Hose geht, ist es scheiße für alle Spieler, aber auch für den Verein mit dem neuen Stadion in die 2. Liga zu gehen. Und es ist immer schwer wieder hochzukommen. Sonntag um 10:30 Uhr in Horn spielen, steht jetzt nicht auf meiner Todo-Liste für nächstes Jahr. Da machts vor vollem Haus im Allianz Stadion schon mehr Spaß.
4. Was zeichnet für dich den Typen Andy Heraf aus?
Ich hatte ihn ja schon im U20-Nationalteam vor der WM in Kolumbien. Er hat einen klaren Plan und den unbedingten Willen und Glauben. Er vermittelt uns, dass wir das schaffen können. Er sagt, es gibt keine Garantie, aber dass unsere Chancen besser sind, als die Leute meinen. Es nimmt ihm jeder die Worte ab. Ich glaube schon, dass er der Richtige für uns ist. Er verlangt einiges, es gibt Spaß, aber sobald reingepfiffen wird und es los geht, weiß jeder, es geht die nächsten zwei Stunden darum, dass wir im Mai was zum Feiern haben.
5. Nach dem Sieg gegen Blau-Weiß Linz habt ihr sie am Samstag gleich wieder als Gegner. Ist das ein Vorteil oder Nachteil?
Uns muss der erste Heimsieg gegen sie Auftrieb geben. Auf diesen Sieg haben die Fans ewig gewartet – es war eine Befreiung und Balsam auf der Seele. Daher gehen wir beflügelt in die Partie. Wir wissen schon, es ist nur eines von 10 Endspielen, aber trotzdem wollen wir da nachlegen und auf keinen Fall verlieren. Wir haben uns inzwischen auch so stabilisiert, dass es schwer ist, gegen uns ein Tor zu schießen.
6. Apropos, Tore schießen. Was macht den Linzer Goalgetter Ronivaldo so gefährlich? Du hast dir ja schon viele Duelle mit ihm geliefert.
In Kapfenberg hab ich sogar mit ihm zusammen gespielt. Um zu wissen, welche Qualität Ronny hat, braucht man nur auf seine Statistik schauen. Er ist wie ein guter Wein. Sie haben aber auch andere super Spieler, auf die du aufpassen musst. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe.
7. Du hast gerade dein 100. Spiel für Lustenau gemacht. Was bedeutet dir das?
Für mich persönlich ist das eine schöne Sache, weil ich gerne in Lustenau bin und auch weiß, was ich dem Verein zu verdanken habe. Sie haben mich in einer Phase geholt, in der es sportlich bei mir nicht wirklich rund gelaufen ist. Dass es schon 100 Spiele sind, freut mich. Ich hoffe, dass noch ein paar dazukommen – bestenfalls in der Bundesliga.
8. Dein Vertrag läuft im Sommer aus. Gab es schon Gespräche?
Ja, aber es gibt noch nichts zu vermelden. Ich konzentriere mich auf das Sportliche, für das andere hab ich meinen Berater. Ich denke, sowohl der Verein als auch ich wissen, was wir aneinander haben. Deshalb gehe ich davon aus, dass es kein Problem sein wird, eine Lösung für beide zu finden.
9. Ihr habt neben der Fünferkette gegen Rapid auch erfolgreich die Viererkette ausgepackt.
Da ist das System dann nicht die Herausforderung, es geht dann nur um Kleinigkeiten. Das haben wir gegen Rapid richtig gut gemacht, auch offensiv nach vorne. Beide Systeme passen gut, der Trainer weiß dann schon, was das Beste für welches Spiel ist.
10. Wie wichtig kann es noch sein, diese weitere taktische Option zu haben?
Auf alle Fälle ist das wichtig. Du bist dann nicht so ausrechenbar, kannst dann alle möglichen Systeme spielen. Ob 4-4-2, 4-2-3-1, 5-3-2, 5-2-3 – das macht uns dann schon flexibler. Wir machen das als Spieler ja schon seit wir Kinder sind.
11. Merkst du stimmungstechnisch einen Unterschied zum Herbst?
Es war trotz der Situation nie Weltuntergangsstimmung. Wir haben ja gewusst, du kannst in 3-4 Monaten nicht Fußball spielen verlernt haben. Aber natürlich zehrt es an der Stimmung, wenn du jede Woche eine auf den Deckel kriegst. Mit Siegen und Punkten kommt dann schon mehr Lockerheit rein. Es ist Gold Wert, wenn man in Spielen zeigt, was man umsetzen kann. Da war besonders der Sieg in der ersten Frühjahrsrunde gegen Wattens für die Stimmung in unserer Situation enorm wichtig.
Fotos: GEPA pictures