28. Feb. 2025
René Poms: „Ich lebe meinen Beruf 24/7, das verlange ich auch von meinen Spielern“
René Poms hat den GAK schnell vom letzten Platz gehievt. In der „Poms-Tabelle“ wären die Rotjacken sogar Fünfter. Warum ihn die nicht interessiert, wo er den GAK in einem Jahr sieht und was von Laszlo Kleinheisler noch zu erwarten ist, verriet der 49-Jährige im Gespräch mit bundeslia.at.Herr Poms, Sie haben schon viele Stationen als Co- und auch Cheftrainer hinter sich. Gab es da vergleichbare Situationen, in denen Sie, wie jetzt beim GAK, einen Nachzügler schnell zum Funktionieren bringen mussten?
Das war eigentlich bei allen meinen Stationen so. Lech Posen haben Nenad Bjelica und ich als Achter übernommen und sind dann Dritter geworden, der NK Osijek war Letzter und wir haben ihn auf Platz 2 geführt. Oder ganz am Anfang, als ich bei Bruck/Mur Spielertrainer wurde, waren wir auch Letzter. Es war überall keine leichte Situation, man kommt ja meistens zu einem neuen Verein, weil es nicht so gelaufen ist.
Was sind Ihre ersten Handlungen, wenn Sie zu einem neuen Klub kommen?
Wenn man wohin kommt, ist es ja meistens so, dass dicke Luft herrscht, dass den Spielern das Selbstvertrauen fehlt oder sie nach schlechten Ergebnissen das Vertrauen in die Spielidee verloren haben. Da geht es darum, sie wieder positiv zu motivieren, kleine Teilziele zu setzen, um ihnen wieder Erfolgserlebnisse zu geben. Aber man muss ihnen auch ein Werkzeug in die Hand geben, damit es am Platz wieder funktioniert, dass sich die Automatismen einstellen und sie wieder Sicherheit gewinnen.
Als Ex-Mitarbeiter von Walter Schachner wird Ihnen die „Schoko-Tabelle“ nicht fremd sein. In den zehn Runden der „Poms-Tabelle“ wäre der GAK mit zwölf Punkten Fünfter. Zufrieden?
Ich halte gar nichts von solchen Tabellen und ich schaue auch nicht auf die richtige Tabelle. Ich schaue in erster Linie darauf, dass ich die Mannschaft festige und stabilisiere. Das haben wir beim GAK geschafft, jetzt wollen wir uns kontinuierlich weiterentwickeln. Ich schaue immer nur auf das nächste Spiel und wie wir es bestmöglich bestreiten und gewinnen können. Je öfter wir gewinnen, desto besser sind wir in der Tabelle. Die schaue ich mir dann zum Schluss an. Das ist dann für mich so etwas wie die Abrechnung, eine Bilanz. Zwischendurch interessiert sie mich nicht.
Mit den zwölf Punkten könne Sie leben oder wäre sogar mehr möglich gewesen?
Es ist so, dass in unserer Liga jedes Spiel auf Messers Schneide steht, man kann es gewinnen, aber auch verlieren. Wir wissen, was verlangt wird, um erfolgreich zu sein. Es geht darum, die Energie aufzubringen, um ein Spiel zu gewinnen. Mit Taktik ist jede Mannschaft in der Bundesliga gewappnet, worauf es ankommt, ist die sogenannte Tagesverfassung. Und Tagesverfassung heißt für mich: Wer ist besser drauf? Wer investiert mehr in das Spiel? Je öfter man seine maximale Tagesform erreicht, desto mehr wird man gewinnen. So einfach ist die Geschichte.
Gegen Hartberg und Klagenfurt ist uns das zweimal nicht gut gelungen, nachdem wir vorher gegen namhaftere Gegner sehr gut gespielt und gepunktet haben. Aber wir müssen auch gegen solche Gegner die Bereitschaft haben, über unsere Grenzen zu gehen. Das hat mir gefehlt. Und dann muss ich als Trainer den Spielern schon bewusst machen, dass sie nicht alles abgerufen haben. Ein schlechtes Spiel kann immer wieder einmal vorkommen. Aber in diesem Fall haben wir es nicht geschafft, alles zu geben.
Sie haben nach dem 2:4 in Klagenfurt eine harte Trainingswoche angekündigt. Sind Sie ein strenger Trainer?
Nein, gar nicht. Ich weiß, dass ich sehr wertschätzend bin und sehr respektvoll im Umgang mit den Spielern. Sie wissen, dass ich mich voll einbringe. Aber sie sind Profis, deshalb verlange ich von ihnen auch Professionalität. Ich lebe meinen Beruf 24/7, das verlange ich auch von meinen Spielern. Aber dabei geht es sehr menschlich zu, ich bin einer, der positiv motiviert, bei mir gibt es eigentlich kein lautes oder strenges Wort. Das heißt aber nicht, dass ich nach einem schwachen Spiel nicht auch die Fakten anspreche. Das gehört dazu, aber dabei werde ich nicht persönlich, sondern kritisiere die Leistung.
Sie waren fast 400 Spiele an der Seite von Nenad Bjelica. Was war das Wichtigste, das Sie von ihm gelernt haben?

Ich habe Nenad in einer Phase kennengelernt, als ich schon vier Jahre Cheftrainer war und davor ein halbes Jahr unter Walter Schachner beim LASK gearbeitet habe. Aber von Nenad konnte ich schon viel lernen, vor allem die Art und Weise, eine Mannschaft zu führen. Er ist da sehr ruhig und gelassen, ganz anders als er oft dargestellt wird. Er ist der liebste Mensch, der immer alles für seine Spieler tun wird und von dem ein Spieler auch alles haben kann. Bei mir ist es so ähnlich.
Sie stehen beim GAK bis Sommer 2026 unter Vertrag. Wo soll der GAK dann stehen?
Der GAK ist ein besonderer Verein mit großer Tradition und einer großartigen Fanbase. Im ersten Jahr nach dem Aufstieg geht es einmal darum, sich zu etablieren und Fuß zu fassen. Nach einem schweren Start gelingt es uns peu a peu immer besser, in der Liga anzukommen. Nach dem Klassenerhalt wollen wir uns nach vorne orientieren und auch wieder in den Top sechs dabei sein. Das muss der Anspruch des GAK sein. Wir haben sehr viele ambitionierte Leute am Werken, die erst am Beginn ihrer Karrieren stehen, die alle hungrig sind und Großes erreichen wollen. So wird hier jeden Tag gearbeitet.
Sie waren in Italien, Kroatien, Polen, Griechenland, was zeichnet die ADMIRAL Bundesliga aus?
Zum einen ist sie sehr ausgeglichen, wie die Ergebnisse zeigen. Es gibt keinen Gegner, zu dem man nur hinfährt und sagt, da gewinne ich. Es gibt aber auch keinen Gegner, bei dem man von vornherein keine Chance hat. Das ist schon besonders. Und dann hat sich auch in der Infrastruktur viel getan, wenn ich nur an die neuen Stadien von Blau-Weiß Linz oder dem LASK denke. Die Auftritte in den internationalen Bewerben in den vergangenen Jahren haben auch dafür gesorgt, dass die österreichische Liga heute anders wahrgenommen wird. Das habe ich in meiner langjährigen Tätigkeit im Ausland schon auch gespürt.
Sie haben in Kroatien mit Gvardiol oder auch Bello gearbeitet. Sind dort noch mehr Talente unterwegs?
Was Kroatien vielleicht besonders macht, sind die vielen Top-Spieler, die es aus der Liga zu den besten Klubs der Welt geschafft haben. Die Jungen wollen alle einem Modric, Kovacic, und wie sie alle heißen, nacheifern. Sie sind nicht zufrieden, wenn sie in die Liga raufkommen, dann geht es für sie erst richtig los. Da sind sie sehr beharrlich und erfolgreich.
Sie sind in Osijek sehr erfolgreich gestartet, warum ist es dann so schnell zu Ende gegangen?
Als ich übernommen habe, haben wir von den ersten zwölf Spielen neun gewonnen und sind von Platz 7 auf Platz 3 geklettert. Im Winter hatten wir dann aber 14 Abgänge, darunter Kleinheisler, Beljo und den Einser-Tormann. Gleichzeitig hatten wir eine Transfersperre und konnten nicht einmal unsere verliehenen Spieler zurückholen. Alles, was ich dazubekommen habe, waren zwei Spieler aus der U18. Trotzdem wollte der Verein Meister und Cupsieger werden. Ich habe ihnen gesagt, dass das utopisch und unrealistisch ist und wir haben uns bald auf eine einvernehmliche Auflösung geeinigt, obwohl ich von 18 Spielen 13 gewonnen habe. Es ist dann vieles falsch dargestellt worden, das hat mich damals geärgert, aber mittlerweile weiß auch so jeder, was er an mir hat.
Laszlo Kleinheisler haben Sie im Winter zum GAK geholt. Was darf man von ihm noch erwarten?
Laszlo ist ein unglaublicher Instinktfußballer, ein Straßenfußballer der individuellen Top-Klasse. Das Problem war, dass er sechs Monate lang kein Spiel mehr gemacht hatte und bei Panathinaikos zuletzt nicht einmal mehr im Mannschaftstraining war. Das heißt, wir müssen ihn behutsam aufbauen, damit er sich nicht gleich wieder verletzt. Aber wir haben einen klaren Plan mit ihm und rechnen für die entscheidenden Spiele voll mit ihm. Er hat jetzt schon ein paar tolle Aktionen gezeigt, aber wenn er dann physisch so weit ist, wird er nicht nur für den GAK eine Bereicherung sein, sondern für die ganze Bundesliga.
Am Wochenende empfangen Sie in Graz die Wiener Austria, bei der Sie 2013/14 Co-Trainer waren. Ein besonderes Spiele für Sie?
Es war eine schöne Zeit mit den Spielen in der Champions League, aber das ist auch schon wieder zwölf Jahre her. Für mich ist es ein Spiel wie jedes andere. Oder ich sage es umgekehrt: Ich gehe in jedes Spiel so wie in das Spiel gegen die Austria, weil in der Bundesliga jedes Spiel ein Top-Spiel ist.
Redakteur: Horst Hötsch
Fotos: GEPA pictures