19. Nov. 2024
Thomas Silberberger: „Ich glaube nicht, dass es klug wäre, von Ilzers Weg abzugehen“
Bundesliga.at hat Admira-Trainer Thomas Silberberger in seiner Funktion als Sky-Experte zur aktuellen Lage in der ADMIRAL Bundesliga befragt. Der Tiroler erklärt, warum es nicht klug von Sturm wäre, einen neuen Weg einzuschlagen, was er an der Wiener Austria schätzt und welchen Spieler er für „narrisch gut“ hält.Herr Silberberger, Sie verfolgen als Sky-Experte die ADMIRAL Bundesliga auch als Admira-Trainer noch ganz genau. Wie sehr wird der Abgang von Christian Ilzer Sturm Graz schaden?
Das kann schon Schaden anrichten. Chris Ilzer hat in Graz überragende Arbeit geleistet, ich kann mir nicht vorstellen, dass er so leicht zu ersetzen sein wird. Das gilt im Übrigen auch für Sportchef Andi Schicker. Deshalb sehe ich Sturm nach ihren Abgängen schon im Umbruch.
Sollte der neue Trainer die Arbeit von Ilzer fortsetzen oder kann es einer sein, der eine neue Spielidee einbringt?
Ich glaube, das wäre der falsche Ansatz. Ilzer hat über Jahre hinweg bei Sturm einen ganz klar erkennbaren, sehr intensiven Stil entwickelt, der sehr erfolgreich war und den die Spieler verinnerlicht haben. Ich glaube nicht, dass es klug wäre, von diesem Weg abzugehen.
Weil der Name Scheiblehner immer wieder genannt wird, wäre er ein geeigneter Nachfolger?
Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, dass Gerald Scheiblehner gut hinpassen würde. Aber ich bin überzeugt, dass Sturm zuerst den Sportdirektor-Posten besetzen wird. Dann kommt es darauf an, welche Ideen der hat.
Es ist zu früh, um nach 13 Runden von einer Meisterschaftsentscheidung zu sprechen, aber könnte dieser Trainerwechsel Einfluss auf die Meisterschaft haben?
Entschieden wird die Meisterschaft erst in der Meistergruppe, aber es würde mich nicht überraschen, wenn Sturm sich einmal ein paar Runden schwerer tut. Chris Ilzer hat ja auch etwas ausgestrahlt, ihm sind die Spieler gefolgt. Das muss ein Neuer erst einmal hinbringen. Ich bin mir sicher, dass es allen im Verein lieber wäre, dass es nicht so wäre, wie es jetzt ist.
Wer kann am ehesten davon profitieren, Rapid, Salzburg?
Rapid ist diese Jahr richtig spannend. Es gibt einen sehr starken Kader, einen sehr guten Trainer, die werden diesmal bis zum Schluss mitreden. Bei Salzburg muss man abwarten, wie sich die nächsten Wochen entwickeln, was sie aus den Nachholspielen noch herausholen. Aber derzeit sehe ich sie eher nur als dritte Kraft.
War es absehbar, dass der entthronte Meister in solche Schwierigkeiten geraten würde?
Wirklich abzusehen war es nicht. Als nach dem verpassten Meistertitel im Sommer der Klopp-Co aus Liverpool gekommen ist, hat schon Aufbruchstimmung geherrscht. Man hat eigentlich erwartet, dass auf die Euphorie eine Entwicklung folgt, die aber bisher nicht eingetreten ist.
Was sind die Gründe, ist die Mannschaft zu jung, fehlen die Führungsspieler?
Alle diese Dinge. Es sind schon sehr viele junge Spieler, vielleicht zu viele, denen es an Führung fehlt, weil sie keine Spieler mit Routine an ihrer Seite haben. Auf jeden Fall wirkt die Mannschaft nicht so gefestigt wie in den vergangenen Jahren.
Wie beurteilen Sie die Austria? Steht sie zurecht da oben, obwohl selbst die eigenen Fans vom Fußball, den sie zeigt, wenig begeistert sind?
Die Austria spielt eine tolle Saison, vor allem die Abwehr um Rückkehrer Dragovic muss man herausstreichen. Den Vorwurf, dass sie keinen schönen Fußball spielt, darf man ihr nicht machen, wer außer Rapid spielt den? Bei der Austria geht es über das Ergebnis und die Ergebnisse sind überragend. Und ich finde, sie spielt einen geilen Fußball.
Gibt es eine Mannschaft, die Sie bisher überrascht hat?
Da würde ich schon die Austria nennen. Was mich noch überrascht, ist, dass der LASK solche Probleme hat. Komplett unverständlich, dass er auch unter Markus Schopp noch nicht richtig in die Spur gekommen ist.
Und Ihr Ex-Klub, die WSG Tirol: Wären Sie mit zwölf Punkten aus 13 Spielen zufrieden gewesen?
Das ist ungefähr der Bereich, der mit den Möglichkeiten der WSG realistisch ist. Letztes Jahr waren wir am Anfang verheerend, da waren es noch weniger Punkte. Vor zwei Jahren sind wir mit 28 Punkten nur knapp unterm Strich geblieben, aber da weiß ich nicht mehr, wie viele Punkte es nach 13 Runden waren. Aber wie gesagt, die WSG ist dort, wo man sie erwartet hat. Ich inklusive.
Hat der Aufsteiger GAK mit dem neuen Trainer die Kurve gekriegt?
Das wird man in zwei, drei Runden wissen. Aber was ich komplett nicht nachvollziehen kann, ist, dass erst der neue Trainer Euphorie entfacht haben soll. Das ist mir zu billig. Spektakel hat es in den Spielen unter Messner auch schon gegeben, von daher glaube ich schon, dass nach dem Aufstieg auch unter ihm Euphorie da war. Jetzt passen halt die Ergebnisse.
Wer ist für Sie der herausragende Spieler der bisherigen Saison?
Sangaré gefällt mir narrisch gut. Was Dragovic mit der Austria aufführt, ist überragend. Und was Burgi macht, ist auch noch immer top.
Top sind Sie auch mit der Admira in der 2. Liga. Ist der Aufstieg eingeplant?
Es macht Spaß, nach sechs Jahren wieder einmal Tabellenführer zu sein. Ich bin gerne der Gejagte, weil es ein anderer Stress ist als oben um die Existenz zu kämpfen. Wir haben einen Zweijahresplan, wenn wir’s im ersten Jahr schaffen, haben wir auch nichts dagegen. Von Plänen halte ich im Fußball ohnehin nicht viel. Da heißt es einfach da zu sein, wenn die anderen schwächeln.
Redakteur: Horst Hötsch
Fotos: GEPA pictures