22. März 2024
Wie wird man effizient, Andi Gruber?
Die Opta-Daten weisen Austrias Flügelstürmer Andreas Gruber als effizientesten Spieler der ADMIRAL Bundesliga aus. Neun Tore hat der 28-Jährige in dieser Saison erzielt, dabei hätte sein xG-Wert (expected Goals) gerade einmal für 5,4 Treffer ausgereicht. Wir haben mit dem Steirer allerdings nicht nur darüber gesprochen.
Mal ehrlich, Andi Gruber: Ist der xG-Wert in Spielerkreisen ein Thema? Hat man da permanent ein Auge drauf?
Ich muss sagen, ich hab jetzt schon länger nicht mehr draufgeschaut. Als die Werte der Top-Stürmer veröffentlicht wurden, hab ich es mitbekommen, aber da war ich nicht vorne mit dabei. Man bekommt es mit, aber ich suche nicht speziell danach.
Hältst du den Wert denn für wichtig, oder ist das mehr eine Spielerei?
Ich glaube schon, dass der Wert etwas hergibt, man kann schon etwas daraus lesen. Wenn man einen xG-Wert von 0,7 pro Spiel hat und man steht bei 0,2 Toren, dann sagt das aus, dass man vor dem Tor nicht kaltschnäuzig genug ist, zu viel verhaut. Und an dem kann man dann gezielt trainieren.
Das ist dein Problem nicht. Deine neun Saisontore stehen einem xG-Wert von 5,4 gegenüber. Mit der Differenz von 3,6 bist du der effizienteste Spieler der Liga.
Echt, immer noch? Ich habe das nur am Anfang der Saison mal mitbekommen, dass ich da weiter vorne stehe. Es freut mich aber auf jeden Fall. Ich hätte natürlich gerne noch ein paar Tore mehr auf dem Konto, aber das kann ja noch kommen.
Worin liegt die Kunst der Effizienz? Ist es in erster Linie Training? Technik? Eine Frage der Nerven?
Das gehört alles dazu! Neben der technischen Qualität musst du vor dem Tor cool sein, die Ruhe behalten. Es gibt genügend Spieler, die aufs Tor laufen und dann zum Nachdenken anfangen. Oder sich erst kurz vorher überlegen, wohin sie schießen wollen. Mein Motto ist: Die erste Idee, die ich im Kopf habe, setze ich um! Ich habe meine Prinzipien, wohin ich schießen will, wenn ich an einem bestimmten Punkt stehe. Das ist dann allerdings schon eine Sache des Trainings.
Heißt das, du weißt vorher schon genau, wo der Ball hingehen soll, wenn du an einer bestimmten Stelle freie Schussbahn hast?
Wenn ich die Zeit habe, schaue ich schon kurz auf, wo der Tormann steht. Ich habe aber gewisse Abläufe ganz genau im Kopf und fange dann nicht an zu überlegen, ob ich etwas anderes mache.
Gegen Blau-Weiß Linz, eurem kommenden Gegner, ist dir im Grunddurchgang ein Hattrick gelungen, der bisher einzige der kompletten Saison. Bedingt da ein Tor das andere, weil man in einen Flow kommt, oder würdest du jeden Treffer einzeln betrachten?
Es muss dann schon vieles zusammenpassen. Die gut getimte Flanke, der passende Abschluss. Wenn der Ball im Tor landet, schaut immer alles ganz leicht aus. Ist es aber nicht, wenn im Strafraum viele Spieler um dich herum stehen. Nach dem zweiten Tor gegen Linz wollte ich den Hattrick unbedingt schaffen, da ich ihn gerne schon vorher gegen Lustenau gemacht hätte, da aber den Elfmeter nicht bekommen habe. Dass es dann gelungen ist, hat mich glücklich gemacht. Und zu deiner Frage: Zur Wahrheit gehört auch, dass dich die Gegner ja noch enger decken, noch aufmerksamer sind, wenn du schon ein oder zwei Tore erzielt hast. Das macht es nicht leichter, noch eins nachzulegen.
Du stehst bei neun Toren, deine Bestmarke in einer Saison sind zwölf Treffer, 2019/20 im Trikot des SV Mattersburg. Hast du im Kopf, die Marke zu knacken?
Natürlich! Das ist das Ziel. Ich bin Flügelspieler, da darf man sich eigentlich nicht zu sehr mit dem Titel des Torschützenkönigs befassen. Aber ich bin gierig, und wir wollen unbedingt international spielen. Der Rückstand auf ganz oben in der Liste ist nur ein Tor, da kann ich schon in diese Richtung schielen. Es geht darum, Gas zu geben, Chancen herauszuspielen und diese dann zu verwerten.
Auf deinem Konto sind auch vier Gelbe Karten, eine Sperre droht. Ist das eine Hypothek, mit der du in ein Spiel gehst?
Im Hinterkopf ist es schon, das muss ich zugeben. Wenn wir führen, achte ich darauf, nicht dumm in einen Zweikampf zu gehen und etwas zu riskieren. Ich versuche, so lange es geht die fünfte Gelbe hinauszuzögern. Vielleicht gelingt es mir ja bis ganz zum Schluss.
Ist es ein Thema, sich die Sperre vor einem vermeintlich weniger wichtigen Spiel „abzuholen“?
Nein, überhaupt nicht! Vielleicht würde man darüber nachdenken, wenn man die Verwarnungen in die Europacup-Play-offs mitnehmen würde, aber das ist ja Gott sei Dank nicht der Fall. Mein Ziel ist jedenfalls, ohne weitere Verwarnung durchzukommen.
Aktuell ist Länderspielpause, du stehst im ÖFB-Kader auf Abruf. Schaut man da öfter mal aufs Handy, ob sich der Teamchef gemeldet hat?
(lacht) Nein, gar nicht. Ich bin froh, auf Abruf zu sein, auch wenn ich natürlich lieber dabei wäre. Wir sind ja auf der Zielgeraden Richtung EURO. Ich arbeite hart daran, dass es sich für mich ausgeht. Mehr als mich mit meiner Leistung zu empfehlen, kann ich ja nicht machen. Wenn Ralf Rangnick anruft, freue ich mich. Mein Ansatz ist: Ich will der Austria mit Toren helfen – wenn dann mehr für mich rauskommt, wird man es spätestens Anfang Juni sehen, wenn der EURO-Kader einberufen wird.
Fotos: GEPA pictures